Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll50. Sitzung, 11. Dezember 2009 / Seite 114

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Nationalrates als verfassungsmäßiger Einrichtung vor weiteren derartigen Interven­tionen ergriffen wurden.

Aus der oben zu 1.1.a angeführten Chronologie ergibt sich, dass bereits im Novem­ber 2008 das BVT Kenntnis über die geplante Beeinflussung der FPÖ Abgeordneten erlangte. Spätestens im Zwischenbericht vom 24.11.2008 wird dies gesondert angeführt.

Zur Informationspflicht führte der Leiter des BVT, Dr. Peter GRIDLING, aus seiner Sicht aus (Protokoll vom 25.11.2008, S. 7):

„Sehr geehrter Herr Abgeordneter, zuerst möchte ich darauf hinweisen, dass im Verfassungsschutzbericht keine politische Partei erwähnt ist und dass wir im Verfassungsschutzbericht nicht in einer solchen Form darüber berichtet haben.

Zum Zweiten: Natürlich hat sich das BVT diese Frage auch gestellt, und wir haben auch eine intensive Diskussion intern darüber geführt. Allerdings dürfen Aufgaben, die dem BVT gesetzlich zugewiesen werden, wie zum Beispiel der Schutz der verfas­sungsmäßigen Einrichtungen, nicht auf alles angewendet werden.

Es geht bei der Bestimmung des § 22 Abs. 4 SPG hauptsächlich darum, dass wir den Nationalrat, den Bundesrat in seiner Gesamtheit schützen. Es geht nicht um den Schutz von einzelnen Mitgliedern dieser Institution oder Parteien innerhalb dieser Institution. Und es betrifft dieser Schutz auch ganz besondere Bedrohungspotenziale, sprich besondere Rechtsgüter, und geschützt sind hier vor allen Dingen diese Interessen, wenn es um einen gefährlichen Angriff auf Leib, Leben, Freiheit oder Vermögen geht.

Nicht umfasst von diesem Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen ist zum Beispiel das freie Mandat oder Ähnliches, sondern es gibt eine sehr eingeschränkte Rechtsgüterliste, die taxativ aufzählt, was Schutzgegenstand ist.

Natürlich ist es für uns eine schwierige Abwägung, und es sind auch mehrere unterschiedliche Gesetze zu berücksichtigen, sodass für das BVT letztendlich schon abzuwägen war: Gibt es irgendeine Verpflichtung für uns, Betroffene zu warnen? Das hat sich für uns aus dem Grund schon einmal nicht ergeben, da wir eigentlich keine Opfer in dem Sinne haben. – Das wäre das Erste.

Zweitens sind wir zu dem Schluss gekommen, dass zu diesem Zeitpunkt auch noch kein gefährlicher Angriff vorgelegen ist im Sinne des § 16 SPG und daher eine Verpflichtung zu einer Information aus keiner Rechtsgrundlage abzuleiten war.

Im Gegensatz haben wir aber schon zu erwägen gehabt, dass wir einerseits die Datenschutzinteressen und die Amtsverschwiegenheit entsprechend zu berück­sichtigen haben. Das hat auch dazu geführt – ich erlaube mir, dies zu sagen, ohne jetzt die Vertraulichkeit im Unterausschuss zu verletzen –, dass dies zu einer rechtlichen Diskussion über die Grenzen geführt hat, indem das BVT die Position aufgezeigt und klargelegt hat.“

Seitens der Regierungsfraktionen wurde weiters ein Gutachten durch den Leiter des Verfassungsdienstes, Dr. Georg LIENBACHER, beauftragt. Dieser erläuterte in der Sitzung vom 25.11.2008 seine Rechtsauffassung (siehe Protokoll vom 25.11.2009 S. 49ff), musste sich dabei jedoch auf abstrakte rechtsdogmatische Überlegungen beschränken, da ein konkreter Sachverhalt zu diesem Zeitpunkt durch den Unter­suchungsausschuss noch nicht ermittelt worden ist. Auch hier zeigt sich die zeitlich und logisch verunglückte Zeitplangestaltung durch die Regierungsmehrheit. Die Ausfüh­rungen Dris. LIENBACHERs waren daher zwar fachlich interessant, konnten zur Bewältigung des Untersuchungsauftrages jedoch nichts beitragen.

 


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