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OStA leitet Bericht an BMJ weiter (SB: Mag. LEITNER, gez. PLEISCHL) „[…] Vorhabensbericht vom 7.5.09 wird mit dem Ersuchen zur Kenntnisnahme und dem Bericht vorgelegt, daas die OStA das Vorhaben der StA zu genehmigen beabsichtigt. Bemerkt wird, dass nach h.a. Ansicht die gem. Art 57 Abs 3 B-VG gebotene Anfrage […] bereits vor der Vernehmung des Zeugen Mag. Martin KREUTNER erforderlich gewesen wäre., weil der Abgeordnete spätestens ab der Anordnung der Fortführung des Verfahrens durch das OLG Wien vom 26.9.2009 der Begehung einer strafbaren Handlung konkret verdächtig und somit als Beschuldigter iSd § 48 Abs 1 Z 1 StPO zu behandeln gewesen wäre somit zumindest ab diesem Zeitpunkt – auch bei einer bloßen Vernehmung von Zeugen – von einer „Verfolgung“ iSd Art 57 Abs 3 B-VG und damit von der Notwendigkeit der Einholung einer Zustimmung des Nationalrates auszugehen gewesen, zumal der vorliegende Beschluss des OLG Wien eine ausreichende Beurteilungsgrundlage für die Entscheidung des Nationalrates geboten hätte.“ Diese Rechtsansicht wäre der StA zur Kenntnis zu bringen. § 92 StPO sei in Erinnerung zu rufen. In der internen Bearbeitung fügt LEITNER noch eine mehrseitige Begründung dazu an: [kurze Einleitung zum Verfahren] Im Fortführungsbeschluss vom 26.9.08 weist das OLG Wien ausdrücklich darauf hin, dass gem. § 117 Abs 2 StGB eine Ermächtigung der vorgesetzten Stelle einzuholen und Art 57 Abs 3 B-VG zu beachten sei. Die Staatsanwaltschaft Wien stellte daraufhin am 25.11.2008 dem Anzeiger Mag. Martin KREUTNER eine Ladung für den 22.1.2009 mit der Aufforderung zu, bei der Vernehmung die Ermächtigung der vorgesetzten Stelle nachzuweisen. [Anmerkung: KREUTNER wurde am 11.2.2009 vernommen, und hat dabei die Ermächtigung vom 12.2.2008 vorgelegt.] Den Auslieferungsantrag zieht die Staatsanwaltschaft erst jetzt in Erwägung. Der Zeitpunkt der notwendigen Einholung der Zustimmung des Nationalrates ist untrennbar mit der Auslegung des Begriffs der „Verfolgung“ in Art 57 Abs 3 B-VG verknüpft, wofür nunmehr die §§ 1 Abs 2 und 48 Abs 2 1 Z 1 StPO heranzuziehen sind. Danach beginnt ein Strafverfahren, sobald die Kriminalpolizei oder die Staatsanwaltschaft zur Aufklärung des Verdachtes einer Straftat gegen eine bekannte oder unbekannte Person ermitteln oder Zwang gegen eine verdächtige Person ausüben. Als Beschuldigter ist jede Person anzusehen, die auf Grund bestimmter Tatsachen verdächtig ist, eine strafbare Handlung begangen zu haben, sobald gegen sie wegen dieses Verdachts ermittelt oder Zwang ausgeübt wird. Damit kann von einer Verfolgung eines Mitgliedes des Nationalrates im Sinne des Art 57 Abs 3 B-VG, die die Einholung der Zustimmung des Nationalrates erforderlich macht, erst dann gesprochen werden, wenn sich der Verdacht der Begehung einer Straftat nach einer objektiven Betrachtungsweise konkret gegen dieses Mitglied richtet. Ab diesem Zeitpunkt ist der Abgeordnete jedoch als Beschuldigter im Sinne des § 48 Abs 1 Z1 StPO zu behandeln und die Einholung einer Zustimmung des Nationalrates notwendig. Damit sind aber auch Maßnahmen zur Sammlung und Sicherung von Beweisen, die sich nicht unmittelbar gegen das konkret verfolgte Mitglied der gesetzgebenden Körperschaft richten (wie Zeugeneinvernahmen und Sachverständigengutachten) erst nach der Einholung der Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaft zulässig. Auch die beabsichtigte Vernehmung einer dritten Person als Zeuge ist somit Anlass für ein Ersuchen im Sinne des Art 57 Abs 3 B-VG, wenn das Thema der Aussage eine solche konkrete Verdachtslage gegen einen Abgeordneten betrifft. Lediglich die Erhebung jener Umstände, die überhaupt klären sollen, welche Person als [verdächtig zu betrachten ist], kann daher auch ohne die vorherige Einholung der Zustimmung des Nationalrates angeordnet oder durchgeführt werden. Dies ergibt sich auch aus dem bereits im Erlass vom 20.1.1994 (JABl. 13/1994) erörterten Umstand, dass die gesetzgebende Körperschaft derartige Ermittlungsergebnisse als Beurteilungsgrundlage für ihre Entscheidung benötigt, sodass derartige SV-Ermittlungen auch der ordnungsgemäßen Abfassung des Auslieferungsersuchens dienen. Im vorliegenden Fall wurde Ing. Peter WESTENTHALER bereits in der Anzeige konkret als Beschuldigter bezeichnet. Spätestens nach der Anordnung der Fortführung des Verfahrens durch das OLG Wien am 26.9.2008 (bzw. eigentlich [siehe unten] nach Einlangen der im Vorfeld der Zeugenladung direkt beim BMI einzuholenden Ermächtigung) wäre damit die Zustimmung des Nationalrates einzuholen gewesen, weil bereits die Einvernahme eines Zeugen als Verfolgungshandlung zu qualifizieren ist. Dass die Äußerung offenbar im Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit des Genannten steht, bedarf dabei schon aufgrund des Umstandes, dass es sich um eine Aussendung des Parlamentsklubs des BZÖ handelte, keiner weiteren Erörterung. Die Einholung der Ermächtigung nach § 117 Abs 2 StGB, deren Notwendigkeit das OLG Wien ausdrücklich betonte, hat gem. § 92 Abs 1 StPO einerseits unverzüglich und andererseits direkt bei der gesetzlich berechtigten Person zu erfolgen. An diese Anfrage knüpft das Gesetz eine 14-Tagesfrist, bei deren erfolglosem Verstreichen (ebenso wie bei der Verweigerung der Ermächtigung) das Verfahren gem. § 92 Abs 1 2. und 3. Satz StPO einzustellen ist, weil ohne die erforderliche Ermächtigung ein Hauptverfahren letztlich nicht eingeleitet oder durchgeführt werden kann (§ 4 Abs 2 StPO). Die bloße Aufforderung an einen Zeugen, die Ermächtigung seiner vorgesetzten Stelle anlässlich seiner Vernehmung mitzubringen, genügt den gesetzlichen Erfordernissen an sich nicht. Im vorliegenden Fall scheint diese Vorgehensweise jedoch insoweit noch unproblematisch, als aufgrund der (allerdings erst im Februar 09) vorgelegten Erklärung von der Erteilung der Ermächtigung am 12.12.2008 (und damit 8 Tage nach Zustellung der Aufforderung an den Zeugen) auszugehen ist. Insgesamt kann das weitere Vorhaben der Staatsanwaltschaft Wien genehmigt werden, sodass dem Bundesministerium für Justiz ein entsprechendes Vorhaben zu berichten ist. Die Verspätung der Einholung der Zustimmung des Nationalrates kann nicht mehr wettgemacht werden, sodass der Staatsanwaltschaft Wien lediglich die Einhaltung dieser Bestimmungen in Erinnerung zu rufen sein wird, wovon das Bundesministerium für Justiz zu informieren ist. Bemerkt wird abschließend, dass § 117 Abs 2 StGB für die Verfolgung durch die StA die Einhaltung „der sonst dem Verletzten für das Verlangen nach Verfolgung offenstehenden Frist“ vorsieht. Dabei dürfte es sich um ein Relikt der alten Rechtslage handeln, bei der nach § 46 Abs 1 StPO aF eine Sechs-Wochen-Frist einzuhalten war (Foregger, WK², § 117 Rz 9). § 71 StPO in der geltenden Fassung sieht eine derartige Frist jedoch nicht mehr vor, sodass der in § 117 Abs 2 StGB genannten Frist keine Bedeutung mehr zukommt. |
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BMJ beurteilt Bericht der OStA (SB Mag. Thomas HASLWANTER, gez.. Robert JIROVSKY) Intern: Vorgehen lt. OStA Bericht wird zK genommen Evt. wird wegen der Vorverfahren von WESTENTHALER § 192 Abs 1 Z 1 StPO in Erwägung zu ziehen sein. Vorerst ist die Zustimmung nach Art 57 Abs 3 B-VG abzuwarten. Der Verfahrensfortschritt wird durch Wiedervorlage am 5.10.09 überwacht. Kabinettschef Krakow wurde am 8.7.09 informiert. „Zu beanstanden ist der Umstand, dass die Staatsanwaltschaft weder die Einholung der Zustimmung nach Art 57 Abs 3 B-VG rechtzeitig veranlasst noch gem. § 91 Abs 1 Z 1 StPO unverzüglich beim BMI um Erteilung der (noch fehlenden) Ermächtigung angefragt hat.“ Schreiben an OStA: Der Bericht vom 19.5.09 wird zur Kenntnis genommen. Die StA Wien möge jedoch [anlässlich der Antragstellung nach Art 57 Abs 3 B-VG …] darauf hinweisen, dass die Fortführung des am 23. Mai 2008 von der Staatsanwaltschaft Wien gem. § 190 Z 2 StPO eingestellten Ermittlungsverfahrens AZ 502 St 26/08t infolge der Entscheidung des OLG Wien vom 26.9.08 GZ 17 Bs 301/08a womit einem gem. § 195 Abs 1 StPO idFd ProzessreformbegleitG 2004 vom Anzeiger gestellten Antrag auf Fortführung des Ermittlungsverfahrens stattgegeben wurde, gem. § 196 Abs 3 letzter Satz StPO anzuordnen war. Der Akt 502 St 26/08t der Staatsanwaltschaft Wien ist angeschlossen. |
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Schreiben OStA an StA Wien zu 2 OStA 1873/08g, [SB: Mag. LEITNER, gez. HR Dr. Maria Luise NITTEL] Der Bericht vom 7.5.09 wird zur Kenntnis genommen (mit Bezug auf Erlass des BMJ vom 9.7.09) „Zufolge dieses Erlasses wird zudem ersucht, anlässlich der gemäß Art 57 Abs 3 B-VG an das Präsidium des Nationalrates zu richtenden Anfrage darauf hinzuweisen, dass die Fortführung des am 23. Mai 2008 von der Staatsanwaltschaft Wien gem. § 190 Z 2 StPO eingestellten Ermittlungsverfahrens AZ 502 St 26/08t infolge der Entscheidung des OLG Wien vom 26.9.08 GZ 17 Bs 301/08a womit einem gem. § 195 Abs 1 stopp idFd ProzessreformbegleitG 2004 vom Anzeiger gestellten Antrag auf Fortführung des Ermittlungsverfahrens stattgegeben wurde, gem. § 196 Abs 3 letzter Satz StPO anzuordnen war. Aus gegebenem Anlass wird generell die Bestimmung des § 92 StPO in Erinnerung gerufen, wonach unverzüglich bei der gesetzlich berechtigten Person um die Erteilung der Ermächtigung anzufragen wäre. Nach ha. Ansicht setzt die sich aus Abs 1 leg cit ergebende Notwendigkeit der Überprüfung der dort festgeschriebenen Frist voraus, dass diesbezügliche Anfragen unmittelbar an die betreffende Person gerichtet werden (vgl. dazu ON 1 AS 1 verso). Ergänzend wird auf den Erlass des BMJ vom 8.7.09 über die Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften zur behördlichen Verfolgung von Abgeordneten nach Art 57 Abs 3 und 4, 58, 96 Abs 1 B-VG hingewiesen, wonach insbesondere auch die beabsichtigte Vernehmung einer dritten Person als Zeuge schon Anlass für ein Ersuchen im Sinne des Art 57 Abs 3 B-VG sein kann, wenn das Thema der Aussage eine konkrete Verdachtslage gegen einen Abgeordneten betrifft. In diesem Zusammenhang wird bemerkt, dass nach ha. Ansicht das Vorliegen eines konkreten Verdachtes jedenfalls dann anzunehmen ist, wenn das OLG in einer Strafsache gegen einen Abgeordneten einem Antrag auf Fortführung des Verfahrens stattgibt. |
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