Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll50. Sitzung, 11. Dezember 2009 / Seite 189

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Überwachung und Strafverfolgung zu werden. Dazu sind unter anderem folgende Maßnahmen erforderlich:

Die Schaffung eines „Parlamentsgeheimnisses“, welches analog dem Redaktionsge­heimnis InformantInnen schützt.

Eine Reform des § 310 StGB (Verrat von Amtsgeheimnissen), so dass Beamte, die Missstände in der Verwaltung aufzeigen, nicht strafrechtlich belangt werden können. Um andere Sanktionen gegen die Beamten zu vermeiden, müsste es flankierende Maßnahmen etwa im Beamtendienstrecht geben, damit zB nicht eine Kündigung, Versetzung, Disziplinarverfahren oder dergleichen als Sanktion verhängt werden können.

„Whistleblower-Regelungen“, die arbeitsrechtlichen Schutz für Personen vorsehen, die über Missstände in Unternehmen und anderen privaten Einrichtungen informieren.

Ein Schutz der MitarbeiterInnen von Abgeordneten vor strafrechtlicher Verfolgung auf­grund ihrer dienstlichen Tätigkeiten, damit Umgehungshandlungen verhindert werden. (vgl. dazu oben 2.1.e. und 2.1.f)

Rechtliche Beschränkungen für die technische Überwachung der Kommunikation von Bürgern mit Abgeordneten.

Der Ausschuss hat auch gezeigt, dass die Rechte von Personen, welche Opfer gericht­licher oder polizeilicher Überwachungsmaßnahmen werden, gestärkt werden müssen. Mindestanforderung ist eine umfassende und rechtzeitige Information über erfolgte Maßnahmen, um einen angemessenen Rechtsschutz zu ermöglichen. Die Einhaltung dieser Vorschriften durch die Behörden ist verstärkt zu kontrollieren und Verletzungen sind dienstrechtlich zu sanktionieren. Das Bewusstsein für die schwerwiegenden Grundrechtseingriffe, die durch Überwachungsmaßnahmen entstehen, muss bei den Strafverfolgungsbehörden durch geeignete Fortbildungsmaßnahmen geschärft und laufend aktualisiert werden.  Um Rechtsverletzungen durch Überlastung zu vermeiden, ist für eine ausreichende personelle Stärke der Staatsanwaltschaften zu sorgen.

Die Weisungsspitze der Staatsanwaltschaften darf nicht bei einem politisch besetzten Organ wie der Bundesministerin liegen, sondern soll unabhängig ausgestaltet werden.

Die Kontrolle von Entscheidungen der Staatsanwaltschaften muss verbessert werden. Einstellungen als verfahrensbeendende Beschlüsse sind transparent zu gestalten und müssen ausführlich begründet werden. Die Beurteilungskriterien der Aufsichts­behör­den (Oberstaatsanwaltschaft und neue Spitze) sind nachzuschärfen, um wirkungslose Kontrolle nach dem System „Postendurchlauf“ wie in den untersuchten Fällen zu vermeiden. Es hat sich gezeigt, dass der Umstand einer theoretischen Kontrolle durch mehrere Ebenen, welche faktisch aber inhaltlich kaum wahrgenommen wird, zu einem Abschieben von Verantwortung führt: während Staatsanwälte der ersten Instanz darauf verweisen, dass all ihre Entscheidungen „genehmigt“ werden müssen, beschränken sich die oberen Instanzen auf eine formale Prüfung. Letztlich fühlt sich niemand wirklich verantwortlich. Diese Missstände sind zu beseitigen.

Dazu soll das Tagebuch der Staatsanwälte in Hinkunft den Parteienvertretern und dem Anzeiger zugänglich gemacht werden.

Die politische Abteilung bei der Staatsanwaltschaft Wien ist aufzulösen. Die ent­sprechenden Ankündigungen der Justizministerin sind umzusetzen.

Der Beschuldigtenbegriff der Strafprozessordnung schafft Unklarheiten und bringt Manipulationsmöglichkeiten mit sich. Die Frage, ob einer Person als Beschuldigter bestimmte Rechte zukommen oder ob – etwa durch eine Führung als Zeuge – diese Rechte vorenthalten werden, darf nicht in das Ermessen von Staatsanwälten gestellt


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