Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll50. Sitzung, 11. Dezember 2009 / Seite 230

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Westenthalers im Nationalrat. Nach Auftrag der Staatsanwaltschaft versuchte er die Verantwortlichen für die Presseaussendungen zu ermitteln, woraufhin zwei BZÖ–Mitarbeiter als Beschuldigte geführt wurden.

Er erklärte, dass im LVT Wien je ein Beamter für eine im Nationalrat vertretene Partei zuständig sei; er selbst sei für das BZÖ zuständig. Auf Anfrage würden diese Beamten auch Berichte über die entsprechende Partei verfassen, allerdings nur im Zuge von Amtshandlungen. Ein Vorstellungsversuch Steiners beim BZÖ wurde entweder sehr ungeschickt versucht oder verlief im Sand.

Staatsanwalt Hans Peter Kronawetter änderte den Vorwurf gegen Westenthaler bezüglich dessen Aussagen über das BIA in den erwähnten Presseaussendungen von § 111 StGB (Üble Nachrede) auf § 297 StGB (Verleumdung). Er brach lt. eigener Aussage (trotz mehrmaliger Vorhaltungen gegenteiliger Akten) das Verfahren gegen Westenthaler sofort ab und ließ gegen unbekannte Täter (UT) ermitteln; Westenthaler sei ab diesem Zeitpunkt nur Zeuge gewesen. Er stellte das Verfahren nicht ein, sondern brach es nur ab, um nach weiteren Ermittlungen eventuell doch noch eine Aufhebung der Immunität Westenthalers zu erreichen. Auf Nachfrage gab er an, die Ermittlungen nur wegen des Pressedienstes vom 05. 03. geführt zu haben, da es sich beim Pressedienst vom 03. 03. um eine Zusammenfassung einer Rede Westenthalers im Nationalrat gehandelt habe und diese daher von Art 33 B-VG geschützt worden wäre. Es scheinen in den Akten aber immer beide Aussendungen als zu behandelnde Sachverhalte auf. In weiterer Folge gab Kronawetter zu, er habe wegen beiden Aussendungen ermitteln lassen. Seiner Ansicht nach wurde in der Aussendung vom 05. 03. nicht mehr (ausschließlich) die Rede im Nationalrat wiedergegeben, sondern wurden neue Inhalte gebracht, sodass der Schutz von Art 33 B-VG für diese Rede nicht gelte.

Kronawetter gab weiters zu, dass es ungewöhnlich ist, dass die das Verfahren auslösende Anzeige des BIA-Leiters Martin Kreutners direkt an Staatsanwalt Gerhard Jarosch adressiert war und nicht in der Einlaufstelle erfasst wurde.

Bezüglich der Immunitätsfrage berief sich Kronawetter auf die Erlässe des Bun­des­ministeriums für Justiz vom 01. 10. 1980 und vom 20. 01. 1994; den Erlass vom 08. 07. 2009 gab es damals noch nicht. (Es geht in diesen Erlässen um die Frage, ab wann ein Ermittlungsschritt als Verfolgungshandlung anzusehen ist, weswegen sich eine Frage der Immunitätsaufhebung stellen würde.) Warum er trotz des Tagebuch-Eintrags seines (Urlaubs-)Vertreters, Staatsanwalt Christian Walzi, in dem dieser die Immunitätsfrage aufwirft, in dieser Hinsicht untätig geblieben ist, ist Kronawetter nicht erinnerlich.

Das Verfahren wurde schließlich eingestellt, da die Urheber der Pressemitteilung nicht einwandfrei ermittelt werden konnten.

Michael Leitner von der Oberstaatsanwaltschaft Wien vertritt eine andere Rechts­meinung als Kronawetter: Bereits Ermittlungsschritte, die zur Beschuldigung eines Abgeordneten führen könnten, dürften erst nach Aufhebung der Immunität durch das Parlament erfolgen. (siehe auch Erlass des BMJ vom 08. 07. 2009)

BIA-Chef Martin Kreutner erstattete wegen der Presseaussendungen vom 03. 03. und 05. 03. Anzeige, da diese Aussendungen ehrenrührige, kreditschädigende Äußerungen enthielten. Einfluss auf dieses Verfahren habe er nicht gehabt. Vertreten wurde er von der Kanzlei Suppan und Spiegel, zu deren Klienten auch das Bundesministerium für Inneres zählt. Warum diese Anzeige direkt an Staatsanwalt Jarosch, den er nur beruflich kenne, gerichtet war, wurde von Kreutner nicht beantwortet.

 


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