Außerdem war Kreutner der Vorgesetzte Kullnigs während dessen Ermittlungen gegen Westenthaler in der „Causa Listenerstellung“. Kreutner begründete die Entscheidung, eine Rufdatenrückermittlung durchzuführen, mit kriminaltaktischen Erwägungen. Für das BIA sei Westenthaler immer nur Zeuge gewesen. Auf nachdrückliche Fragen, warum Schwingenschrot ein Protokoll seiner Einvernahme ausgehändigt wurde, Westenthaler aber nicht, konnte Kreutner keine befriedigende Erklärung abgeben. Westenthaler sei nie als Beschuldigter (Bestimmungstäter zum Delikt des Amtsmissbrauches oder Verrat von Amtsgeheimnissen) geführt worden, da ein entsprechender Anhaltspunkt fehlte.
Staatsanwalt Philipp Schnabel notierte im Tagebuch der Staatsanwaltschaft die Anregung des BIA, Westenthaler als Beschuldigten zu führen, nahm dazu inhaltlich allerdings nicht Stellung. Er regte gleichzeitig die Übertragung des Aktes in das „politische“ Referat der Staatsanwaltschaft Wien an.
Staatsanwalt Thomas Vecsey ordnete die Rufdatenrückerfassung bei Westenthaler an, da es wegen der halbjährigen Speicherfrist dieser Daten bereits sehr dringlich erschien. Die Rufdatenrückerfassung sei der einzig mögliche objektive Sachbeweis in dieser Causa gewesen. Die beiden nicht nachvollziehbaren SMS (von sms.at) ließ er nicht mehr nachverfolgen, da einerseits die Erfolgsaussichten sehr gering schienen und dies für ihn andererseits einen unverhältnismäßig großen Grundrechtseingriff darstellte.
Während seiner Bearbeitungszeit wurde Westenthaler einvernommen; auf Nachfrage des BIA ordnete Vecsey an, Westenthaler das Einvernahmeprotokoll nicht zu übergeben, da er nur Zeuge sei. Warum das BIA die bereits von Staatsanwalt Apostol angeordnete Einvernahme nicht bereits früher durchgeführt hatte, konnte Vecsey nicht beantworten.
Da Westenthaler immer nur als Zeuge behandelt worden sei, habe sich für ihn die Immunitätsproblematik nie gestellt. Eine Bestimmungstäterschaft oder der Verdacht der Verleumdung sei für ihn nie im Raum gestanden. Die Zeugenschaft sei auch kein Trick gewesen, um gesetzliche Bestimmungen bezüglich der Abgeordnetenimmunität zu umgehen.
Der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Wien, Gerhard Jarosch, erläuterte zunächst den Zwiespalt der Staatsanwaltschaft in Immunitätsfragen, wann eine Person als Beschuldigter im Sinne der Strafprozessordnung (neu) anzusehen sei. (Diese Problematik war bei allen Befragungen von Staatsanwälten ein wichtiges Thema.)
Danach stellte er fest, dass es ein Fehler gewesen sei, in einem Vergleich vor einem Journalisten eine imaginäre Freundin Westenthalers zu erwähnen.
Bezüglich seiner Kontakte zu Kreutner und warum dessen Anzeige gegen das BZÖ nicht an die Einlaufstelle der Staatsanwaltschaft, sondern direkt zu ihm gelangte, wich Jarosch aus.
Warum im Verfahren gegen FPÖ-Fraktionsführer Martin Graf (Seibersdorf) § 101 Abs. 2 StPO (Einbindung eines U-Richters in Strafverfahren mit besonderem öffentlichem Interesse) nicht angewandt wurde, wollte Jarosch nicht näher erläutern und suchte mehrfach Ausflüchte. Ähnlich verhielt es sich bei dem Vorhalt, warum Jarosch die Presse bezüglich des Auslieferungsantrages gegen Graf fehlerhaft informiert hatte.
Oberstaatsanwalt Michael Klackl leitete die Untersuchungen in der Angelegenheit der Mails des früheren Innenministers Ernst Strasser-Mails“ ein. Strasser und dessen Kabinett hatten wiederholt Einfluss auf Postenbesetzungen im Innenministeriums genommen, was durch diese Mails dokumentiert ist. Klackl erteilte dem BIA zwei Untersuchungsaufträge: Es sollten sowohl strafrechtlich relevante Handlungen bezüg-
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