Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll50. Sitzung, 11. Dezember 2009 / Seite 303

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12.35.00

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Kontrolle ist offensichtlich immer nur dort gut, wo es um die anderen geht. Das ist eine Erkenntnis des heutigen Tages.

Herr Klubobmann Cap, es ist enttäuschend, dass in keinem einzigen Halbsatz von­seiten der SPÖ klar wurde, wie es weitergehen soll.

Ich möchte Folgendes festhalten: Alle Menschen, die zu Besuch im Parlament sind, gehen an einer großen Tafel vorbei, auf der die Aufgaben des Parlaments stehen, nämlich: Information der Öffentlichkeit, Erarbeiten von Gesetzen und Kontrolle der Regierung. Das sind die drei großen Aufgaben. (Beifall bei Grünen und BZÖ.)

Eine davon haben wir allerdings noch nicht einmal im Entferntesten in Angriff genom­men. Die Information der Öffentlichkeit funktioniert ja, glaube ich, doch. Wir stehen jetzt allerdings vor einem entscheidenden Wendepunkt. Wir – das betrifft vor allem Sie von ÖVP und SPÖ – können uns jetzt entscheiden, ob wir so weitermachen wie bisher, dann wird weiterhin in jeder Nationalratssitzung – immer wieder – um die Kontrollauf­gabe des Parlaments gerungen werden, oder Sie entscheiden sich jetzt tatsächlich für eine neue Form des Parlamentarismus, bei der Kontrolle als etwas völlig Selbstver­ständliches, völlig Normales wahrgenommen wird wie in jedem anderen Land auch.

In Deutschland ist es überhaupt kein Problem, dass Minister, Ministerinnen in Unter­suchungsausschüssen aussagen, mithelfen, mit aufarbeiten, Informationen zur Verfü­gung stellen, ohne dass das als Majestätsbeleidigung verstanden wird, ohne dass Vergleiche strapaziert werden.

Man bekommt ja den Eindruck, in dem Untersuchungsausschuss wäre gefoltert wor­den, hätten die Kollegen Pilz und Stadler eine Peitsche gehabt und jedes Mal, wenn eine Antwort falsch war, zugeschlagen. Das ist ja eine völlige irreale Beschreibung! Das ist eine Märchenstunde!

Es geht um die älteste Kulturtechnik der Welt: reines Fragen. Und reines Fragen wird wohl im Rahmen einer verfassungsgesetzlich aufgetragenen Tätigkeit für uns Abge­ordnete erlaubt sein. (Beifall bei Grünen und BZÖ.)

In den nächsten drei Monaten, im ersten Quartal des neuen Jahres wird diese Weichen­stellung erfolgen. Ich bitte Sie alle, vor allem ÖVP und SPÖ, sich jetzt Gedanken darüber zu machen, wie wir diese Kontrolltätigkeit in Gang bringen, wie wir den Untersuchungsausschuss als Normalität im österreichischen Parlament verankern können, mit Verfahrensregeln, die tatsächlich zur Aufklärung und nicht zum Vertuschen beitragen.

Es ist das zweite Mal, dass ein Untersuchungsausschuss abgedreht wurde – wir hatten das schon beim Banken-Untersuchungsausschuss –, und ich fürchte, es wird so weitergehen, wenn Sie nicht bereit sind, hier neue Wege zu gehen.

Aber auch die Erfüllung der zweiten Aufgabe, nämlich dass dieses Parlament ein echtes Arbeitsparlament wird, ist wichtig. Es kann nicht so sein, dass bei Bestim­mungen, die einer Zweidrittelmehrheit bedürfen, Papiere einfach hingeknallt werden und dann Druck ausgeübt wird, wenn wir sagen: Entschuldigung, wir sind aber inhaltlich ein bisschen anderer Meinung, wir hätten da noch ein paar Verbesserungs­vorschläge!

Im Übrigen hat auch die Opposition manchmal eine gute Idee, Herr Kollege Kopf. Es ist nicht alles perfekt, was von Ihrer Seite kommt. Niemand auf dieser Welt ist perfekt, das müssen auch Sie als Klubobmann der ÖVP zur Kenntnis nehmen – das einzusehen wäre, glaube ich, ein großer Sprung. Wir haben einiges beizutragen. Wir sind Ver-


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