Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung / Seite 104

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Zeit nicht möglich gewesen, eine Reise nach Berlin anzutreten, um dort brennende Fragen, zum Beispiel Ausgleichsmodelle mit Deutschland, zu besprechen? Warum, Herr Finanzminister, haben Sie in den letzten Jahren, in denen Sie Finanzminister sind, ohne Probleme jederzeit für die Banken Osteuropareisen unternommen, von einer Hauptstadt zur anderen, während es Ihnen nicht möglich war, für die österreichischen Studierenden, für den internationalen Hochschulstandort Österreich auch einmal nach Berlin zu reisen und mit Ihrer Kollegin Merkel über die Frage Ausgleichszahlungen zu reden und etwas zu erreichen? (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Ich war in Berlin!) Und was haben Sie erreicht? (Beifall bei den Grünen.)

Warum ist es trotz eines mehrheitlichen Beschlusses des Nationalrates aus dem Jahr 2008 auch nicht möglich, dass Sie als Finanzminister die Mittel, die wir als Parlament Ihnen aufgetragen haben für das Universitätssystem zur Verfügung zu stellen, auch tatsächlich budgetieren?

Herr Kollege Kopf, das ist ein großer Irrtum! Weder im Budget 2009 noch im Bud­get 2010 werden Sie diese zusätzlichen 200 Millionen € finden, die wir brauchen, um dieses Ziel, das Sie ja immer wieder beschwören, 2020 sollen 2 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung in die Universitäten hineinfließen, zu erreichen. Warum ist das nicht gegangen?

Damit entlarvt sich auch etwas, was beide Parteien, glaube ich, in dieser Frage kenn­zeichnet: Es ist ein extremes Auseinanderklaffen zwischen diesen Lippenbekennt­nissen, wie wichtig die Jugendlichen sind, wie wichtig die Bildung und die Ausbildung sind, und dem, was auf der anderen Seite tatsächlich getan wird, festzustellen – etwas, was viele Menschen auch sehr stark spüren. Mir begegnet das jetzt täglich: eine unglaubliche Wut, eine Enttäuschung und auch ein Ärger vor allem vor dem Hinter­grund, wie Ihre Wirtschaftspolitik abläuft, dass man auf der einen Seite innerhalb von ganz wenigen Stunden Millionen, ja Milliarden in die Hand nimmt, um zugege­bener­weise etwas Wichtiges zu tun, nämlich Systembanken zu retten, während wir auf der anderen Seite über Jahrzehnte über die notwendigen Mittel im Bildungssektor streiten müssen. Das verstehen die Menschen nicht mehr. (Beifall bei den Grünen.)

Frau Bundesministerin Dr. Karl, ich wünsche Ihnen persönlich auch alles Gute für die neue Aufgabe. Ich war allerdings etwas überrascht: Sie waren noch nicht einmal angelobt, da haben Sie im Fernsehen in der „ZiB 2“ am Abend zu Ihren Konzepten bereits sehr detailliert Stellung genommen. Natürlich darf man das auch schon vorher, nur darf man sich dann nicht wundern, wenn man auch gleich danach bewertet wird. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie im Parlament diese Vorschläge präsentieren und wir hier offen auch einen neuen Dialog starten können.

Ich glaube, uns allen liegt die Bildungspolitik extrem am Herzen, da nehme ich keine Partei in diesem Hause aus. Einen ordentlichen und ernsthaften Dialog hier zu starten wäre allerdings schöner gewesen, als dem Hohen Haus über die Medien auszurichten, dass Sie einen mehrheitlichen Beschluss, der hier gefasst worden ist, nämlich die Abschaffung der Studiengebühren, als Ihr wichtigstes Projekt gleich als Erstes wieder aufmachen wollen. Das finde ich nicht in Ordnung, und ich würde mir da auch eine Korrektur wünschen. (Beifall bei den Grünen.)

Sie haben unsere volle Unterstützung, wenn es darum geht, die Bedingungen auch tatsächlich zu verbessern. Sie haben vollste Unterstützung, wenn es darum geht, dass Sie sich auf die Beine stellen und Ihrem Parteikollegen Pröll mehr Geld für die Universitäten herausreißen wollen – vollste Unterstützung der Grünen, da kämpfen wir mit Ihnen Seite an Seite.

Wenn Sie das allerdings nicht einmal ernsthaft versuchen wollen und sagen, das ist ausschließlich ein Wunsch, und sich gar nicht mehr an diesen Beschluss erinnern


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite