Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll53. Sitzung / Seite 222

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Erstaufnahmestelle gebracht wurden und kurz darauf untergetaucht sind. Weiters wird unter Bezug auf eine ORF Berichterstattung berichtet, dass durchschnittlich 200 Asylwerber pro Monat auf diese Art und Weise aus dem Flüchtlingslager ausscheiden, also über 2.000 im Jahr so untertauchen und sich dem Verfahren entziehen.

Die momentan geführten Debatten, unter Instrumentalisierung von Kindern und der Einsatz aufgebauschter Medienkampagnen betreffend Asylwerber und humanitäres Bleiberecht, spiegeln die Problematik im Asylrecht wider.

Wie auch der Bund sozialdemokratischer Akademiker, Intellektueller und Künstler in seinem rechtspolitischen Forderungskatalog zum Asyl- und Fremdenrecht darlegt, sind die überlange Verfahrensdauer und die daraus resultierenden aufenthaltsrechtlichen Konsequenzen das Problem an sich: „Durch die lange Verfahrensdauer liegt in solchen Fällen jedoch oftmals keine Verfolgungsgefahr und damit kein Anspruch auf Asylge­währung mehr vor.“ Ergo wurde zwar kein Asyl gewährt, gleichzeitig aber der Schutz auf Zeit im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention aber erfüllt. Selbst auf Asylberech­tigte wird, so wie es die Genfer Flüchtlingskonvention vorsieht, dieses Abkommen nicht mehr angewendet, wenn die Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtlinge anerkannt worden sind, nicht mehr bestehen und sie es daher nicht weiterhin ablehnen können, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen.

Schon am Montag, den 09. Juli 2007 konnte man von Andreas Unterberger, Wiener Zeitung, lesen:

„Kaum ist das Parlament auf Urlaub, macht sich schon das erste Sommerthema breit: Kritiker sagen, das österreichische Fremdenrecht entspreche nicht der Europäischen Menschenrechtskonvention. Sie haben damit wahrscheinlich Recht. Die beiden Rechtsinstrumente vertragen sich bei rein juristischer Analyse nicht gut miteinander.

Zugleich aber ist ihre Kritik weltfremd und blauäugig. Denn konsequent umgesetzt führt sie zu einem Grundrecht für sechs Milliarden Erdenbewohner auf Zuzug nach Österreich. Gewiss: Die neoliberale Globalisierung hat für einen weltweiten Rückgang der Armut gesorgt, sodass "nur" noch rund eine Milliarde an einer Übersiedlung inter­essiert ist. Die sie auch mit allen Mitteln versuchen. Sie müssen, sobald sie über Österreichs Grenze geschlüpft sind, nur eine der folgenden Strategien befolgen: Erstens könnten sie ihre Asyl-Verfahren durch ständig wechselnde Stories solange verzögern, bis schlussendlich eine Abschiebung als unmenschlich gilt. Zweitens könnten sie hier ein Kind zeugen. Drittens könnten sie sich gegen jeden Abschiebe­versuch lautstark und tatkräftig wehren.

Die Schöpfer der hochentwickelten Menschenrechts-Architektur und des nach dem NS-Schrecken bewusst großzügigen Asylrechts hatten einst vieles nicht im Sinn ge­habt: Sie wollten mit dem Schutz des Privat- und Familienlebens keine Hintertür zur beliebigen Immigration öffnen. Sie wollten schon gar nicht die Massen aus verar­menden Drittweltländern anlocken. Sie wollten auch nicht die schmierigen Geschäfte von Schleppern honorieren. Und sie haben keineswegs daran gedacht, dass aus­gerechnet Österreich das Asylrecht großzügiger ausbauen würde als fast alle anderen Länder der Welt – was bis zur Verschärfung des Fremdenrechts ja nachweislich der Fall gewesen ist (wobei Österreich übrigens immer noch zur großzügigen Hälfte Europas zählt).

Die Handlungsoptionen sind begrenzt: Entweder öffnet sich Österreich wieder für fast unkontrollierten Zuzug. Oder es wird sich der Tatsache bewusst, dass sich der Rest der Welt beim Zuzug von Ausländern weniger an humanitären Idealen als am eigenen Nutzen orientiert. Einen Kompromiss dazwischen gibt es nur in der Rhetorik von politischen, juristischen und journalistischen Gutmenschen.“

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite