Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 223

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dann Rektoren und andere angeschlossen. Und ich glaube, wenn hier nicht bald ein Signal gesetzt wird, verliert Österreich erstens den Anschluss und werden Zehntausen­de von Studierenden vor verschlossenen Türen der Universitäten und Fachhochschu­len stehen. Da besteht Handlungsbedarf. (Beifall bei den Grünen.)

Wie ist es jetzt aber in der Gesundheitspolitik? – Die Kassen sind nicht saniert. Jeder, der anderes behauptet, weiß entweder nicht, was er sagt, oder er ist fast krankhafter Optimist. Die Bundesregierung schießt Kassen Geld zu, das sie aber in mindestens vier- oder fünffacher Menge auf der anderen Seite einsparen sollen. Und alles soll so gehen, dass niemand was spürt.

Ich sage Ihnen, es gibt eine Reihe von sozialen Inbalancen, nicht nur zwischen Arm und Reich, sondern in verschiedenen Bevölkerungsschichten. Da gibt es Menschen, die können sich Gesundheitsleistungen nicht mehr leisten, weil die Kassen natürlich einschränken, sie kontingentieren, etwa in der Psychotherapie. Es gibt einen riesigen privaten Selbstfinanzierungsanteil. In der Physiotherapie werden plötzlich nur mehr fünf Stunden gezahlt, und die dauern nur mehr eine halbe Stunde. Alte Leute sind mit dem Ausziehen kaum fertig, müssen sie sich schon wieder anziehen, weil die Stunde aus ist.

Das ist nicht gut! Die soziale Diskriminierung der Armen wirkt besonders stark. Zum Beispiel Kinderheim St. Isidor für schwer geburtsgeschädigte, behinderte, gehandicapte Kinder, spastische Kinder: Die brauchen dreimal, viermal in der Woche Physiotherapie, sonst kann man das gleich lassen und sie ihrem Schicksal überlassen. Gezahlt wird teilweise nur mehr eine Stunde. Eltern müssten vier Stunden berappen. Die können das nicht!

Was ist passiert bei Hospiz- und Palliativmedizin? – Da gibt es einen Stufenplan der Umsetzung dieser Leistungen. Wir hinken dem Zeitplan Jahre nach. Es gibt keine nach­haltige Finanzierungssicherheit. Es gibt keinen klaren Umsetzungsplan. In Tirol macht man – vielen Dank, Herr Landesrat! – jetzt ein Pilotprojekt, als ob Palliativmedizin und Hospiz als Begriff erst gestern entstanden oder unter das Volk gekommen wären. Ein Pilotprojekt! Und viele andere Sachen mehr.

In der Neuro-Rehabilitation mangelt es mindestens an einem Drittel von Behandlungs­plätzen. Leute müssen Invaliditätspensionen beziehen oder in diese gehen, kommen in Pflegestufen, weil keine Therapieplätze vorhanden sind.

Ich weiß, das kostet Geld. Aber Sie wissen, dass vernünftig investiertes Geld in Ge­sundheit nicht nur das Leid einzelner oder vieler Menschen vermindert, sondern auch der Wirtschaft hilft und der Republik. Wir haben nichts davon, wenn Krankenstände anwachsen, wenn psychische Erkrankungen weiter zunehmen in Krisenzeiten und in Bedrohung und so weiter.

Wenn dann aber ein hochrangiges wissenschaftliches Institut wie das WIFO alternative Finanzierungspläne für Pflege – und da will ich gar nicht weiterreden, denn das ist überhaupt ein Skandal, was da passiert – vorlegt und diese Leute dann von der Wirt­schaftskammer Österreich und von der Industriellenvereinigung als linke Wissenschaft­ler denunziert werden, nur weil sie alternative Finanzierungspläne bringen, wenn man ihnen droht, Gelder beziehungsweise Aufträge zurückzuziehen, so zeichnet das ein Bild der Republik, das einem Angst machen sollte. Aber ich empfehle hier nicht Angst, sondern man sollte wütend werden. Und ich wünsche mir, dass Sie nicht Monologe und Belehrungen halten, sondern Dialoge, wie es besser werden könnte. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.48

 


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