Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 269

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Meine Damen und Herren! Ich habe mir vorgenommen, diesen Antrag, wenn er in den nächsten Monaten zu einem Tagesordnungspunkt passt, unselbständig einzubringen, und ich bitte die Klubs, bei diesem wichtigen Punkt die Abstimmung freizugeben und den Mandataren zu erlauben, nach bestem Wissen und Gewissen abzustimmen. Das ist, glaube ich, etwas ganz, ganz Wesentliches. – Ich bedanke mich. (Beifall bei der FPÖ.)

20.27


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.27.34

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren! Herr Kollege Hofer, es ist unstrittig, dass dies eine der am schwierigsten zu lösen­den Materien im gesamten Rechtsbereich ist, weil es sich hierbei sicherlich um eine Konfliktsituation handelt, wahrscheinlich eine der schwierigsten Konfliktsituationen über­haupt, in der sich dieser Mensch, diese Mutter befindet.

Es hat ja daher auch im Zusammenhang mit den Lösungen bei § 96 und § 97 Strafge­setzbuch umfassendste Diskussionen gegeben, die versucht haben, hier alle Aspekte wahrzunehmen und einen Blickwinkel zu finden, von dem aus wir hier nach Regelun­gen suchen müssen. Ich darf vielleicht nur ganz kurz dazu sagen, dass es den Fall, den Sie dargestellt haben, in der Rechtswirklichkeit nicht gibt, denn es gibt ein Ärztege­setz, das da Schranken setzt, und es gibt Erfahrungen, wonach es zu keinen Eingriffen später als nach 24 Wochen kommt.

Jeder Eingriff ist ein Eingriff zu viel, überhaupt keine Frage, aber es sind nicht gezielte Methoden, es ist nicht etwas, was klassisch kalkuliert werden kann. Es ist eine Notsi­tuation, die entsteht, wo Mütter mit der Situation, in der sie sich befinden, umgehen müssen. In manchen Situationen haben sie eben das Gefühl, sie schaffen es, sie sind in der Lage, einem jungen Menschen die entsprechenden Rahmenbedingungen zu bie­ten, und in manchen Situationen nicht.

Das Strafgesetz ist hier die denkbar schlechteste Lösung. Das Strafgesetz ist sicherlich nicht die Lösung, die hilft, sondern die Lösung, die hilft, ist, hier Rahmenbedingungen zu schaffen, Überzeugungsarbeit zu leisten, eine Solidaritätsnote zu setzen, zu sagen: Du kannst es schaffen, wir können es schaffen, wir geben dir hier die entsprechenden Rahmenbedingungen, weil es natürlich gerade in diesen Fällen eine gesamtgesellschaft­liche Verantwortung ist zu helfen.

Das ist für einen einzelnen Menschen nicht zu bewältigen, und all das, was in einem Menschen vorgeht in einer solchen Ausnahmesituation, diese Not, in der er ist, das sollte es sein, was wir beurteilen. Daher würde ich wirklich davor warnen, das zur Seite zu schieben und das klassisch-nüchtern zu betrachten und zu sagen: Wir verurteilen Menschen, die das tun.

Ich glaube, wir müssen uns da hineinversetzen, mehr als in alle anderen Materien, weil es eine der am heikelsten und daher am schwierigsten zu lösenden Materien ist. Es stellt sich die Frage: Wie wollen wir damit umgehen? Das war mit Fug und Recht der Lösungsansatz, der damals gefunden worden ist, nämlich dass das Strafrecht hier nicht die richtige Lösung ist. Wir müssen verhindern, dass es zu solchen Situationen kommt, wir müssen verhindern, dass es zu Abtreibungen kommt, aber nicht mit dem Strafrecht, sondern mit Rahmenbedingungen, die Vertrauen schaffen, wo wir einfach jedem Ein­zelnen die Möglichkeit geben, zu sagen, diese Situation schaffe ich.

Ich würde wirklich darum ersuchen, dass wir diesen Aspekt in den Vordergrund stel­len. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.30

 


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