Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 270

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Huainigg. Eingestellte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


20.30.48

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Zur Diskussion steht ein Antrag meines Kollegen Norbert Hofer, ein sehr wichtiger Antrag, der unbedingt diskutiert gehört. Ich muss aber auch zugestehen, dass dieser Antrag schon ein wenig nach Vertagung riecht, weil Sie das vorhin angesprochen haben. Ich werde mich dafür einsetzen, dass er im Justizausschuss ausreichend diskutiert wird, und ich glaube, das ist das richtige Forum dafür.

Das Thema embryopathische Indikation muss sensibel diskutiert werden, vor allem ohne ideologische Vorbehalte. Das ist äußerst wichtig, damit man zu einer sachlichen Lö­sung findet. Ich möchte auch betonen, dass es sich nicht um eine Abtreibungsdebatte im Rahmen der Fristenregelung handelt. Die Fristenregelung steht außer Diskussion, aber diese Ausnahmebestimmung, die embryopathische Indikation, muss diskutiert wer­den. Vor allem Abtreibungen nach der 22. Lebenswoche von behinderten Kindern sind einfach unerträglich, denn ab diesem Zeitpunkt ist das Kind außerhalb des Mutterleibes überlebensfähig und muss durch einen Herzstich getötet werden; zumindest ist das die gehandhabte gynäkologische Praxis.

Ich bin für die Streichung der eugenischen Indikation, aber es braucht unbedingt Rah­menbedingungen – Rahmenbedingungen, die werdende Eltern mehr unterstützen. Da ist vor allem die Beratung zu nennen. Die Beratung darf nicht nur medizinisch defizit­orientiert sein, sondern sie muss auch positive Aspekte und Perspektiven bieten. Auch darf die Beratung nicht vom abtreibenden Arzt durchgeführt werden, sondern das muss getrennt werden.

Zu überlegen und zu diskutieren ist auch eine Bedenkzeit zwischen der Diagnose und der Abtreibung. In Deutschland beträgt sie zwei bis drei Tage. Ich glaube, dass das eine gute Lösung ist.

Das Thema embryopathische Indikation wird uns auch im Schadenersatzrecht verfol­gen. Die EuGH-Urteile basieren ja größtenteils auf Spätabtreibungen, und ich plädiere dafür, dass man das als Gesamtpaket behandelt.

Warnen würde ich vor einer Abstimmung im Parlament zum jetzigen Zeitpunkt. Es braucht sicher mehr Wissen, mehr Aufklärung, mehr Information. Und wenn man wirk­lich eine Gewissensabstimmung will, was zu überlegen ist – also ich persönlich bin da durchaus nicht abgeneigt –, dann darf dies aber keine namentliche Abstimmung sein, sondern muss eine anonyme Abstimmung sein, denn nur in einer Wahlzelle ist man mit seinem Gewissen alleine. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

20.36


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Jarmer. Ich bitte, auch für diese Rede die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen. Die freiwil­lige Redezeitbeschränkung beträgt 4 Minuten. – Bitte.

 


20.36.48

Abgeordnete Mag. Helene Jarmer (Grüne) (in Übersetzung durch eine Gebärden­sprachdolmetscherin): Herr Präsident! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wurde schon sehr viel gesagt. Es ist ein heikles Thema, allerdings – da kann ich meinen Kollegen Huainigg wirklich unterstützen –: Wir müssen uns das ganz gut über­legen und gut diskutieren. Ich bin selbst behindert. Ist mein Leben unwert? – Nein. Ich fühle mich gut und ich möchte auch mit niemandem tauschen. Ich möchte meine Be­hinderung auch nicht gegen etwas anderes eintauschen. Das ist eine Frage der Pers­pektiven. Was wir wirklich brauchen, ist, dass die Gesellschaft umzudenken beginnt.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite