Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 273

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Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer. 5 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


20.44.58

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Diese Sache ist jedenfalls viel zu wertvoll und zu wichtig, um sie als Standard­prozedere parlamentarischer Art abzuspulen. Das war sicher nicht die Absicht des Kol­legen Hofer. Lieber Herr Kollege Donnerbauer, es geht darum, sich der Sache mit einer Verantwortungsdimension vor dem Leben, das möglicherweise bestehen kann, aber möglicherweise genommen wird, gründlich zu nähern. Die Worte der Kollegin Jarmer und des Kollegen Huainigg waren sehr wertvoll und lassen darauf schließen, dass es – und das ist unabdingbar bei dieser Geschichte – über die Parteigrenzen hinweg zu einer Bewegung der Bereitschaft kommt, sich diesem unendlich schwierigen Thema in einer Weise zu nähern, die eine neue Dimension der Menschlichkeit eröffnet.

Es ist natürlich so, Kollege Jarolim, dass das Strafgesetzbuch für schwere Sozialkon­fliktfälle nicht die richtige Antwort ist, aber das Strafgesetzbuch zeigt die Grenzen des von der Gesellschaft tolerierten oder nicht mehr tolerierten Handelns auf. Immerhin: Wenn die medizinische Indikation nicht besteht, ist die Abtreibung ab dem dritten Le­bensmonat strafbar. Niemals ist sie, wenn keine medizinische Indikation vorliegt, rech­tens. Sie ist immer rechtswidrig, aber sie ist vor dem dritten Lebensmonat nicht straf­bar.

Und wenn ich daran erinnern darf: Die historische Situation im Jahre 1973, als das Straf­gesetzbuch beschlossen worden ist, war in Bezug auf die Abtreibung unter der Broda-Herrschaft, wenn ich das so sagen darf, ausschließlich von der medizinischen Indika­tion charakterisiert. Erst nach dem berühmten Villacher Parteitag, auf dem die SPÖ-Frauen ein klares Votum zur Fristenlösung abgegeben haben und es sich Broda nicht leisten konnte, einen Sturm in den eigenen Reihen zu haben und die Gesetzwerdung des Strafgesetzbuches zu riskieren, kam es zur Fristenlösung.

Wahr ist ferner, was Kollege Donnerbauer gesagt hat, dass uns ja Welten von der Dia­gnosefähigkeit, die in den Jahren 1973/74 möglich war, zum heutigen Standard tren­nen.

Aus all diesen Gründen ist es zutiefst erforderlich und von äußerstem Wert, dass die­ser heutige Antrag des Kollegen Hofer der Beginn einer verantwortungsvollen Diskus­sion sein wird. Wir werden nicht darauf bestehen, ihn als parlamentarischen Routine­fall, wie ich schon gesagt habe, auf irgendeine Weise durchzubringen, zu irgendeiner Art des Beschlusses zu kommen, sondern eine breite menschliche, verantwortungsvol­le Diskussion soll der richtige Weg sein.

Und ich erinnere daran – vor allem die Worte der Kollegin Jarmer sind Anlass, daran zu erinnern –, dass es auch von unserer Seite, von mir den Initiativantrag betreffend die Schadenersatzjudikatur des Obersten Gerichtshofes, „Das Kind als Schadensfall“, gibt. Das ist ein eng verwandtes Thema, das genau richtig aufgezeigt worden ist. In diesem Bündel, diesen Bereich juristischer Probleme betreffend, soll das Thema raum­greifend, verantwortungstief und menschlich behandelt werden. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 954/A dem Justizausschuss zu.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

 


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