Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll59. Sitzung / Seite 203

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Die zweite Möglichkeit, die Griechenland hat, ist eine innere sogenannte reale Abwer­tung durch Senkung der Löhne und Preise. – Da haben wir schon einen Vorgeschmack bekommen, was in Griechenland passiert, wenn man dieses Thema auch nur theoretisch anschneidet. Dann gibt es gleich bürgerkriegsähnliche Zustände.

Die dritte Option ist eben der Austritt aus dem Euro und die offene Abwertung. Frau Kollegin Tamandl, ich zitiere jetzt wieder nur Professor Sinn: „Wenn Griechenland aus dem Euro austritt, kann es abwerten, kann sein Leistungsbilanzdefizit verringern, kann wieder neue Bonität erlangen. Diese Abwertung macht die Exporte billiger, insbe­sondere auch den Export touristischer Dienstleistungen, was für Griechenland enorm wichtig ist.“

So unsinnig oder, wie Kollege Krainer gesagt hat, absurd ist das ganz und gar nicht, Frau Kollegin Tamandl.

Ich schaue mir jetzt nur die „Salzburger Nachrichten“ an, ein Interview mit dem Finanzminister. (Der Redner zeigt einen Zeitungsartikel.) Er wird gefragt, was er vom Szenario des Ausschlusses Griechenlands aus der Eurozone hält. Er sagt:

„Dem steht das Faktum entgegen, dass Griechenland sein Budgetdefizit um vier Prozentpunkte pro Jahr senken will und dass es Lehren aus der Krise zieht. Aber klar ist auch: Wenn die Griechen neuerlich die Regeln verletzen, dann haben wir eine neue Qualität der Diskussion.“

Da werden wir uns dann anschauen, was er unter „neuer Qualität der Diskussion“ versteht, denn dass sich Griechenland neuerlich nicht an die Regeln halten wird, wo wir schon gesehen haben, wie es mit Regeln in der Vergangenheit umgegangen ist, darauf können wir vertrauen. Wir werden dieses Thema sicherlich noch öfter hier herinnen behandeln, auch wenn Sie jetzt diesen Antrag ablehnen. (Beifall bei der FPÖ.)

20.04


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Kuzdas. 3 Minuten sind eingestellt. – Bitte.

 


20.04.41

Abgeordneter Ing. Mag. Hubert Kuzdas (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Kollege Weinzinger und Kollege Haider, es gibt natürlich auch andere Ökonomen, die man zitieren könnte, die vielleicht auch anderer Meinung sind. Zum Beispiel sagt der Ökonom Eichengreen (Abg. Mag. Haider: Das ist der Amerikaner!), der in der „Wiener Zeitung“ von gestern zitiert wird: „Eine Euro-Exit-Klausel wäre pervers“. „US-Topöko­nom Eichengreen warnt vor Finanzkatastrophe, wenn ein Land aus der Euro-Wäh­rungs­union austritt.“

Nicht alles, was Kollege Königshofer gesagt hat, ist unrichtig, aber das liegt schon einige Jahre zurück, und man kann das heute nicht mehr zurückdrehen. Mit dem Austritt oder, wie im Entschließungsantrag gefordert, mit dem Ausschluss aus der Währungsunion würde man ja einer Volkswirtschaft nichts Gutes tun. Es würde genau das heraufbeschworen, was wir verhindern wollen, nämlich die Finanzkrise neu oder ein finanzieller Super-GAU. Ich glaube, das will in Wirklichkeit niemand, das wollen auch Sie nicht. (Zwischenruf des Abg. Dr. Königshofer.)

Kollege Van der Bellen hat es gestern schon gesagt, das schlimmste Finanzchaos wäre die Folge. Er hat das im Rahmen der außenpolitischen Debatte erwähnt. Die Gründe liegen auf der Hand: Griechenland müsste die Drachme einführen, müsste abwerten, und sobald die Investoren das mitkriegen, ziehen sie sofort die Investitionen ab. Der Aktien- und Anleihenmarkt würde kollabieren und würde in einer fürchterlichen Krise – ich sage: in einer Rezession – enden.

 


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