Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 32

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Wir haben über fast alles diskutiert. Als Reaktion ist über strafrechtliche Verschärfungen diskutiert worden, es ist über Prävention diskutiert worden. Wichtig und richtig! Über eines ist allerdings nicht diskutiert worden: Wie können wir den Betroffenen konkret helfen?

Frau Justizministerin! Sie haben einen Runden Tisch veranstaltet. Wer war nicht einge­laden? – Die Betroffenen.

Schlimmer war noch, dass das Thema Missbrauch in der römisch-katholischen Kirche, in Einrichtungen der römisch-katholischen Kirche am Runden Tisch nicht einmal ange­sprochen werden durfte. Auch in Deutschland hat die Justizministerin einen Runden Tisch veranstaltet. Ihr Zugang war allerdings ein anderer. Sie hat gesagt: Wir wollen nicht über die Opfer reden, sondern mit ihnen ins Gespräch kommen!

Ich finde es schade, dass Sie, Frau Justizministerin, da einen völlig anderen Zugang haben.

Frau Justizministerin, es geht aber nicht nur um Betroffene aus Einrichtungen der ka­tholischen Kirche. Wer glaubt, dass Missbrauch ein Phänomen ist, das sich nur in ka­tholischen Einrichtungen abgespielt hat, der irrt. Auch in staatlichen Heimen hat es sys­tematisch Gewalt an Heimkindern gegeben. Dazu wird überhaupt geschwiegen. Mir kommt es ja so vor, als ob so manche ganz froh wären, dass sie sich hinter der katholi­schen Kirche verstecken können. Der Bund und die Länder sind aber unmittelbar für diese Heime verantwortlich, meine Damen und Herren. Hier sind wir unmittelbar gefor­dert, an der Aufarbeitung mitzuwirken. Das wird überhaupt noch nicht debattiert. Diesbe­züglich wird ein Schritt gesetzt werden müssen, das kann ich Ihnen garantieren. (Beifall bei den Grünen.)

Frau Ministerin, unsere Forderungen liegen klar auf dem Tisch. Die erste Forderung ist selbstverständlich und einfach zugleich: Reden Sie endlich mit den Betroffenen! Wa­rum fällt Ihnen das so schwer?

Die zweite Forderung ist eigentlich auch selbstverständlich, wenn man internationale Beispiele hernimmt: Die Bundesregierung soll endlich Verantwortung übernehmen und direkte Verhandlungen mit der römisch-katholischen Kirche aufnehmen.

Im Mittelpunkt dieser Verhandlungen sollte die Einrichtung eines Opferfonds stehen, der aus Geldern der katholischen Kirche gespeist werden sollte. Ich glaube nicht nur, sondern ich bin überzeugt davon, dass die katholische Kirche eine erhöhte Verantwort­lichkeit trifft, weil man dort systematisch versagt hat und weil dort systematisch ver­tuscht wurde. Was sicher nicht akzeptabel ist, ist der Umstand, dass man jetzt die Be­troffenen in lange und schwierige Verfahren zwingt, wo am Ende nichts herauskommen kann, weil die Täter meist mittellos sind. Daher glaube ich, dass die katholische Kirche eine unmittelbare Verantwortlichkeit hat, und der Opferfonds wäre eine Antwort auf die­se Verantwortlichkeit.

Klar ist auch: Für die Entschädigung der Heimkinder aus staatlichen Heimen werden Bund und Länder aufkommen müssen. Auch an dieser Lösung wird man nicht vorbei­kommen.

Nächster Punkt, Frau Justizministerin, wäre die Einrichtung einer staatlichen Untersu­chungskommission, die eben Gewalt und sexuellen Missbrauch in kirchlichen Ein­richtungen, aber auch in staatlichen Heimen untersucht. Ich denke da nicht, damit es keine Missverständnisse gibt, an eine parlamentarische Untersuchungskommission, diese wäre denkbar ungeeignet, sondern das sollte eine Fachkommission sein.

Sie haben in einer ersten Reaktion gesagt: Wir brauchen nicht noch eine Kommission! Ich habe daraufhin ein E-Mail eines Betroffenen bekommen, das ich Ihnen nicht vorent­halten will. Der Betroffene schreibt:

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite