Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 40

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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Mu­siol. – Bitte sehr.

 


9.40.28

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Wahr­scheinlich erwartet man jetzt von mir, dass ich auf diese unhaltbaren Aussagen des Herrn Kollegen Fichtenbauer vertieft eingehe. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Herr Kolle­ge Fichtenbauer, das werde ich nicht tun, denn das, was Sie hier getan haben, ist Ihre übliche Variante des Verhetzens und des vom Thema Ablenkens. (Abg. Weinzinger: Das ist der Höhepunkt! Unglaublich!) Dieser werde ich nicht folgen, sondern ich werde mich weiter mit unserem Ziel auseinandersetzen, nämlich dem Ziel, dass den Opfern von institutioneller Gewalt – sei es in Kirchen, sei es in anderen Einrichtungen – gehol­fen wird. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Warum brauchen wir diese Aktuelle Stunde zu diesem Thema? Kollege Jarolim hat es angesprochen, Kollege Steinhauser natürlich auch. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Weinzinger.) – Wir brauchen diese Aktuelle Stunde, weil wir alle verantwortlich sind, weil Verantwortung aller staatlichen Institutionen und Einrichtungen gefordert ist und weil die Regierung, die Regierungen, die Regierungsmitglieder in den letzten Wochen diese Verantwortung nicht wahrgenommen haben.

Ich kann Ihnen erklären, warum das so ist. Es war die Rede von einem runden Tisch. Der runde Tisch wurde erst nach Wochen des Bekanntwerdens diverser Fälle in den Medien einberufen. Er wurde aber bewusst unter dem Titel „Sexueller Missbrauch in den Familien“ einberufen. Kollege Steinhauser hat es auch schon dargelegt: Alle Ver­suche der Expertinnen und der Experten, die eingeladen waren – die Opfer wurden ja insgesamt ausgespart; auch diverse Versuche der Betroffenen, eingeladen zu werden, wurden von den Ministerinnen abgeschmettert –, auch auf die Fälle von Missbrauch, sexueller Gewalt, körperlicher Gewalt, physischer Gewalt in diversen Institutionen, kirchlichen Institutionen, Institutionen, die von staatlichen Heimen geführt wurden, auf­merksam zu machen, wurden von den anwesenden Ministerinnen und Staatssekretä­rinnen – also von Frau Ministerin Bandion-Ortner und Frau Staatssekretärin Marek – abgeschmettert. Es wurde auf das Thema sexueller Missbrauch in der Familie abgelenkt.

Ja, sexueller Missbrauch in der Familie ist ein Thema. Ja, das ist er schon seit Jahren. Ja, es gibt auch zahlreiche Initiativen der Grünen, den Opferschutz hier nicht einzu­schränken, sondern auszuweiten und zu unterstützen.

Aber aktuell, konkret haben wir es mit einer ganzen Anzahl von Menschen zu tun, die betroffen sind, die sich erstmals zu Wort gemeldet haben, um klarzulegen: Ja, wir sind Betroffene von Gewalt in kirchlichen, in nichtkirchlichen Institutionen, in welchen wir als Kinder und Jugendliche erwachsenen Personen anvertraut waren.

Seitens der Bundesregierung davon abzulenken und keinerlei Taten zu setzen, um die­sen Menschen die Möglichkeit zu geben, einerseits sich über die Medien hinaus über­haupt irgendwo zu melden und zu sagen: Ich möchte zum ersten Mal darüber spre­chen!, keinerlei Gespräch anzubieten, im Sinne von: Was wird denn gebraucht? Was sind denn eure Vorstellungen, was wollt ihr?, und auch keinerlei Interesse zu zeigen, an einer nahtlosen, transparenten Aufklärung in Form einer Untersuchungskommission zu wirken, geschweige denn darüber nachzudenken, wie diese Opfer denn entschädigt werden könnten, ist untragbar und am Rande der Erträglichkeit. (Beifall bei den Grünen.)

Und wenn Sie, Herr Kollege Neugebauer, hier die „Möwe“ ins Treffen führen, dann ha­ben Sie offensichtlich den „Standard“-Artikel am Tag nach dem runden Tisch nicht ge­lesen! (Abg. Neugebauer: Ich brauche keinen Artikel zu lesen, ich kenne die „Möwe“ seit Jahren!)

 


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