Die überwiegende Mehrzahl der hohen Anzahl von Betroffenen in der derzeitigen Diskussion und in der öffentlichen Debatte waren Buben, männliche Jugendliche, die zu Opfern wurden – heute erwachsene Männer. Sie wurden Opfer eines Systems, das lange nicht durchschaut wurde, nicht durchbrochen wurde, wo Stillschweigen gewahrt wurde, wo lange geschwiegen wurde. Schon vor einigen Jahren wurde in Österreich die Debatte über Missbrauch in katholischen Einrichtungen geführt, und wie sich zeigt, war das nur die Oberfläche.
In den letzten Monaten wurde eine Flut von Betroffenheit artikuliert, hörbar und sichtbar. Und dieses Nicht-mehr-Schweigen und dieses Nicht-mehr-leise-Sein hat eine Lawine in Gang gesetzt, meine Damen und Herren. Menschen, die jahrelang geschwiegen haben – aus Scham, aus Hilflosigkeit, aus Angst –, sind nun im Zentrum der Debatte. Klare Worte der Entschuldigung sind notwendig. Vergessen werden diese Ereignisse nie werden.
Was ist zu tun, meine Damen und Herren, damit derlei Vorkommnisse hintangehalten werden können? – Zum einen gibt es einen klaren Bildungsauftrag: Kinder müssen starke, selbstbewusste Persönlichkeiten werden. Wir brauchen für geschlossene Schulsysteme, für Einrichtungen ein effizientes Kontrollsystem, das innerhalb dieser funktioniert und das auch Kontrolle von außen ermöglicht.
Im Übrigen, meine Damen und Herren, bin ich auch der Überzeugung, dass dies auch für Einrichtungen für Menschen mit besonderen Bedürfnissen gilt, wie auch für Einrichtungen für ältere pflegebedürftige Menschen. Gerade auch diese sind wehrlos ausgeliefert und können sich vielfach nicht artikulieren.
Die Forderung nach einem Entschädigungsfonds für Opfer wird von uns unterstützt, vor allem wenn es darum geht, Therapiekosten zu finanzieren, notwendige Therapien zu ermöglichen. Die Zustimmung von uns gibt es auch zur Forderung nach Schadenersatz analog dem amerikanischen System, wo die katholische Kirche Geld zur Verfügung gestellt hat.
Wir müssen auch darüber nachdenken, wie bestehende Schutzeinrichtungen, Kinderschutzzentren weiterhin gut dotiert werden, damit diese auch weiterhin ihrer notwendigen Arbeit nachkommen können. Das heißt: Keine Kürzungen, sondern ein Mehr an Geld, denn gerade diese Kinderschutzzentren, diese Gewaltschutzzentren sind jene Einrichtungen, wo oftmals gepeinigte und wehrlose Kinder, aber auch Erwachsene, die Hilfestellungen leisten wollen, die nötige Unterstützung erhalten.
Zusammengefasst, meine Damen und Herren: Missbrauch ist ein gesellschaftliches Phänomen, und alle Maßnahmen, die dieses verhindern, sind zu unterstützen und zu fördern. Das sind wir den Opfern schuldig, ebenso wie klare, ehrliche Worte der Entschuldigung und des Bedauerns – wiewohl ich aber auch bemerken möchte, dass die Arbeit mit den Tätern auch ein Teil unserer Arbeit und Überlegungen sein muss.
Zum Schluss kommend, meine Damen und Herren: Vor 30 und mehr Jahren waren körperliche Misshandlungen, Missbrauch Tabuthemen. Viele von uns werden sich erinnern, es selbst erlebt zu haben, in kleineren oder größeren Ausformungen, dass Züchtigungen an der Tagesordnung waren. Kinder zu schlagen, Kinder zu misshandeln ist verboten und kein Kavaliersdelikt. Es geht heute um gegenseitigen Respekt, um Würde, Verantwortung und Menschenrechte. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
10.04
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer. – Bitte.
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