Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 57

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und Diskurs mitzugestalten, heute noch der Meinung sind, man soll hier zurückhalten­der vorgehen, mit dem Hinweis darauf, dass wir in einem Standortwettbewerb – Euro­pa etwa gegen asiatische Märkte – stehen. Aber gerade dieser Standortwettbewerb darf nicht dazu führen, dass wir uns an den geringsten Löhnen, an den geringsten Ar­beitnehmerrechten und an der höchsten Armut orientieren. Wir wollen in Europa die Stärken des sozialen Europas, auch in Österreich die besonderen Stärken der Arbeit­nehmerrechte nicht irgendeinem Standortwettbewerb opfern. (Beifall bei der SPÖ.)

Das höchste Ziel ist nicht der Selbstzweck des Standortwettbewerbs, sondern mithilfe dieser Leistungen der Forschung und Entwicklung, des Bildungssystems und des Wett­bewerbs Wohlstand und soziale Gerechtigkeit zu gewährleisten. Daran wird der Erfolg zu messen sein. Standortwettbewerb ist kein Selbstzweck, sondern er hat ein Ziel, und dieses Ziel ist der Mensch im Mittelpunkt der Wirtschaft. Das muss für die Leute spür­bar sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Es sind längst nicht mehr nur sozialdemokratische Politiker oder Vertreter der Gewerk­schaft, es sind längst Vertreter verschiedenster Gruppierungen und politischer Rich­tungen, die nicht mehr mit der Idee der schrankenlosen Deregulierung einverstanden sind, wo sich zum Schluss alles zum Guten wendet, sondern die das Märchen von: Je schrankenloser, umso besser wird es!, zurückweisen und sagen, diese Gier und diese Spekulation haben keinen Platz in der Entwicklung einer menschengerechten Gesell­schaft.

Daher bin ich überzeugt davon, dass die Finanzmarktarchitektur viele Herausforderun­gen in Europa haben wird und dass es Rückschläge genauso wie Fortschritte geben wird. Es wird nicht so einfach sein, dass es in Überschriften dargestellt werden kann, weil die Gegensätze der Länder, die Gegensätze der Meinungen, die Gegensätze der Realitäten und der Interessen in der Europäischen Union stärker sind, als uns oft be­wusst ist.

Geringste Gehälter in Ländern wie Rumänien oder Bulgarien, Schattenwirtschaft, hohe Arbeitslosigkeit, hohe Jugendarbeitslosigkeit, Budgetkonsolidierung, die in diesen Län­dern oft eine radikale Kürzung der Kaufkraft oder eine Verschlechterung der hohen Qualität der Sozialleistungen zur Folge hat, werden uns – und davon bin ich überzeugt – vor starke Herausforderungen stellen.

Daher ist es umso wichtiger, dass wir in der Europäischen Union, aber auch in der Eurozone den Euro absichern, versuchen, dort gegenseitige Hilfe zu leisten, wo es um die Stabilität der Währung geht, und gleichzeitig Transparenz haben, wenn es um Un­terlagen geht. Wenn man nämlich nicht einmal Transparenz hat, wenn jemand Unter­lagen in der Europäischen Union abgibt, wenn nicht einmal bei den Daten so etwas wie Durchsicht, Transparenz und Korrektheit herrscht, wie soll man denn dann überhaupt kontrollieren können? (Abg. Dr. Königshofer: Goldmann Sachs!) – Ja, Goldman Sachs. – Daher ist hier auch die vorher verantwortliche griechische Regierung genauso zu nennen.

Wir schauen aber nach vorne und wollen, gerade wenn es um die Absicherung des Euros geht, klarstellen, dass wir auch eigene Finanzinstrumente in Europa aufbauen müssen, gemeinsam mit dem Währungsfonds, gemeinsam mit jenen, die Erfahrung haben. Es geht um die Schaffung von eigenen Rating-Agenturen, um eigene Bewer­tungen, Kontrollen und Eingriffe. Daran werden wir gemessen. Je glaubwürdiger wir das zustande bringen, umso mehr können wir das vorantreiben, was uns in Europa am wichtigsten ist, nämlich das Vertrauen der Bevölkerung in eine gemeinsame soziale, wirtschaftliche Entwicklung Europas. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.52

 


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