Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 172

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Und jetzt darf ich schon kurz an der Stelle auf den Anfragesteller eingehen und ihm selbst eine Frage stellen, denn da unterscheidet uns schon etwas. Ich weiß schon, dass Sie in Richtung Ihrer Klientel blinken – mittlerweile gibt es das BZÖ ja schon lange ge­nug, dass man auch so etwas wie Zielgruppen identifizieren kann (Zwischenruf bei der ÖVP), und da ist es gut, wenn man sagen kann, ... (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Mittler­weile schon nicht mehr!) – Seien Sie nicht so zynisch! Da ist es schon gut, wenn man dann sagen kann: Keine neue Steuern, nie mehr! – Und überhaupt, das klingt super.

Sie haben den Vergleich mit der Schweiz gebracht – viel niedrigere Abgabenquote. Okay, nämlich ernsthaft: Dann will man eben sozusagen solch ein Wirtschafts- und So­zialsystem, das dem der Schweiz entspricht. Das kann man ja haben wollen, aber ich sage Ihnen schon eines: In der Wirtschafts- und Sozialpolitik ist es auch gut, wenn man die Anpassungsgeschwindigkeiten anschaut, um die Verwerfungen zu sehen, die man erzeugt. Wie schnell wollen Sie denn dort sein?

Da müssen Sie einmal Folgendes erklären, meine Herren von BZÖ: Entweder das De­fizit muss massiv steigen dürfen – dann müssen Sie eben erklären, wie dieser Schul­dendienst abgebaut werden kann –, oder, weil neue Steuern dürfen ja nicht sein, Sie müssen erklären, wo Ausgabenkürzungen über das Ausmaß hinaus, das die Regie­rung vorschlagt, stattfinden sollen. (Abg. Amon: Und zwar konkret! Konkret!) Diese müssen ja eigentlich enorm sein, das müsste man seriöserweise dazusagen.

Ich meine, Sie brauchen meine anwaltschaftliche Hilfe nicht (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Das ist präzise!), aber weil wir uns ja vorgenommen haben, dass wir in die­ser Dringlichen, dann im Protokoll nachzulesen, jetzt wirklich eine seriöse wirtschafts­politische Argumentation betreiben wollen, und die war nicht zu hören, Kollege Bucher (Abg. Bucher: Habe ich gesagt!), denn es war eher das Blinken an die kleinen und mittleren Unternehmer, die offensichtlich mit dem Lockruf geholt werden sollen: Kei-
ne neuen Steuern! Und genau das geht am Problem vorbei. (Abg. Bucher: Aber die Steuern ...!)

Beginnen wir also bei der Frage der Steuern: Es wird nicht ohne gehen. Und wer soll sie zahlen? Beziehungsweise – ökonomisch interessanter – welche Sektoren, denn das hat ja alles Auswirkungen. Herr Kollege Molterer hat es gesagt: Beschäftigungs- und Wachstumseffekte – ich fange eigentlich nicht mehr so an. Also: Konjunktur und Be­schäftigung, langfristiges Wachstum, aber natürlich auch Lenkungseffekte; darin ist die ökologische Frage inkludiert. Aber, und in dieser Situation sind wir schon dort, wo man sich normalerweise unter der Überschrift „soziale Gerechtigkeit“ versammelt, auch die Verteilungswirkungen sind anzuschauen.

Und da verstehe ich Sie eigentlich auch nicht, Kollege Bucher, und die Kollegen von der FPÖ mindestens genauso wenig. (Abg. Gradauer: Vorsicht!) Bei Ihnen ist es ja Ideologie, wenn Sie sagen, dort soll nichts passieren – nämlich bei denen, die ein sehr hohes Einkommen haben; da hat Kollege Kräuter heute wieder einen Vorschlag ge­macht. Ich sage Ihnen ehrlich: Diese Spitzensteuersatzdebatte ist aus meiner Sicht – bei der gegebenen Vermögensverteilung in Österreich – völlig irrelevant, denn dann kommt es, und da sind Sie ja schon gar nicht daheim, bei den vermögensbezogenen Steuern.

Österreich hat eine Schieflage in der Vermögensverteilung, wie man sie europaweit nur suchen kann. Sie sagen immer, wir haben eine relative Gleichverteilung und beziehen sich auf die Einkommensverteilung, aber alle Statistiken zeigen etwas anderes – wenn diese überhaupt verfügbar sind, denn es ist ja ein eigenes Politikum in diesem Land, dass es diese fast gar nicht gibt. Ich halte Ihnen das vor: Die Sozialdemokraten haben da jahrelange Versäumnisse zu verantworten, wodurch wir unsere Situation statistisch nur sehr schwer mit anderen Ländern vergleichen können. Aber das, was wir wissen, da jetzt endlich wieder einige anfangen zu forschen, findet sein Ergebnis dort, wo wir


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