Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 200

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

im Ausschuss „parken“ und über die nicht einmal diskutiert wird beziehungsweise die dann, wenn sie kurz diskutiert werden, wieder vertagt werden. Das ist ein Zustand, der unerträglich ist.

Kollege Brosz hat jetzt in der Präsidiale gesagt: Wenn dieser Zustand anhält, dann werden wir Fristsetzungsanträge einbringen, aber nicht die weiche Variante – dass wir so wie jetzt eine Fristsetzung diskutieren –, sondern mit namentlicher Abstimmung.

Ich muss Ihnen, werte Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsparteien, schon sagen: So geht es nicht!

Ich denke überhaupt, dass sich das österreichische Parlament auf einem Holzweg be­findet, wenn es glaubt, dass es mit dieser Sitzungskultur und mit dieser Kultur des ge­genseitigen Umgangs – und damit meine ich nicht nur die Regierungsparteien – von vorvorgestern noch eine Zukunft hat. (Beifall bei den Grünen.)

Ich muss Ihnen ehrlich sagen, diese Zeiten sollten eigentlich vorbei sein. Ich weiß, welch große Arbeitsbelastung jeder von uns – auf unterschiedliche Art und Weise – hat, aber eigentlich sollten wir – verglichen mit ausländischen Parlamenten – jede Wo­che oder zumindest jede zweite Woche eine Sitzung des Sozialausschusses haben, denn die Zeit erfordert das. Ich könnte Ihnen jetzt auch die Parlamente aufzählen, in denen man sich auch tatsächlich jede Woche oder jede zweite Woche in einem Aus­schuss trifft. Und wenn es einmal keine Vorlage vonseiten der Regierung gibt, über die man reden kann, wird einfach miteinander diskutiert.

Es wäre ja auch nicht das Schlechteste und würde uns vielleicht auch ganz guttun, wenn wir uns Zeit zum Diskutieren nehmen würden (Beifall bei den Grünen): etwa über den Arbeitsmarkt; etwa über die Defizite, die es im Bereich Gesundheit gibt, von denen jeder weiß und die in keiner Debatte über das Gesundheitssystem tatsächlich aus­führlich behandelt werden können; etwa über soziale Ungleichheiten in dieser Repu­blik, wo sie stattfinden, was dagegen gemacht wird, was wir tun, um diese Zustände zu beenden; etwa über den Umstand, dass gerade in der Krise immer mehr prekäre Ar­beitsverhältnisse geschaffen werden, obwohl Konsens besteht zwischen den Parteien, dass wir eigentlich davon Abstand nehmen sollten – da schaue ich Sie an, Herr Kolle­ge Bartenstein, denn Sie haben ja durchaus, wenn auch nicht zu unserer Überzeu­gung, nachdem Sie einer der ärgsten Befürworter von prekären Arbeitsverhältnissen waren, ein paar Maßnahmen gesetzt, um das ein bisschen einzuschränken, jedenfalls Ihre Partei.

Ich denke, es würde uns guttun, uns in einer Sitzung des Sozialausschusses darüber auszutauschen, was Ihre Position betreffend Erhöhung des Arbeitslosengeldes ist und was meine ist. Wir müssen nicht unbedingt auf den gleichen Nenner kommen, aber es wäre eine spannende Debatte. (Abg. Dr. Bartenstein: Wie sieht Ihre Position aus?)

Meine Position zur Erhöhung des Arbeitslosengeldes ist ganz klar, und ich teile da die Ansicht der meisten Wirtschaftsforscher, die der Meinung sind, dass gerade in der Kri­se das extrem niedrige Arbeitslosengeld in Österreich auch aus konjunkturellen Grün­den erhöht werden sollte – auch aus konjunkturellen Gründen! (Beifall bei den Grünen.)

Dieser Tenor quer durch die Reihen der Wirtschaftsforscher ist eindeutig, und diese Po­sition wird auch in der OECD vertreten. Das heißt, wir Grüne liegen damit nicht irgend­wo einsam auf der Insel der Phantasten, sondern wir bewegen uns damit im Konsens.

Eines ist klar, Herr Abgeordneter Bartenstein: Wer zum Beispiel Langzeitarbeitsloser in dieser Republik ist und seit 2002 Arbeitslosengeld erhält – das sind, Sie wissen es, Zehntausende – und mit 500 € begonnen hat, erhält auch heute nur 500 € und keinen Cent mehr. Und ich brauche Ihnen nicht zu erzählen – wir haben diese Debatte irgend­wann einmal schon im Kleinen geführt –, dass man von 500 €, von 600 €, von 700 € nicht leben kann. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, dass eine Erhöhung im Ausmaß


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite