Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 30

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Börsen Experte Dirk Müller: Selbst wenn Griechenland jetzt mit EU-Milliarden über
die nächste Runde komme, seien die Strukturprobleme nicht gelöst. (Quelle: Bild.de 03.05.2010)

Prof. Ulrich Blum, Präsident des Wirtschaftsinstituts IWH: Es sei zu befürchten, dass Griechenland weit über 2012 hinaus noch Hilfen benötigen werde. Griechenland werde bis 2015 auf Hilfen der EU-Staaten angewiesen sein. Der Umschuldungsbedarf betra­ge bis dahin rund 200 Mrd. Euro. Es dauere mindestens bis 2020, bis Griechenland die Verschuldung auf Normalstandard gesenkt hat. (Quelle: Bild.de 03.05.2010)

Thomas Plümper, Ökonom der Universität Essex: Wer Dominoeffekte ausschließen will, hindere entweder Dominosteine am Umfallen oder er schirmt die anderen Domi­nos vor fallenden Steinen ab. Die 110 Milliarden solle man nicht in das bodenlose Fass an der Ägäis kippen, sondern den anderen gefährdeten Staaten geben. Griechenland müsse sich selbst helfen.

Der deutsche Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will Konsequenzen ziehen. Schäuble spricht sich für die Möglichkeit einer „geordneten Insolvenz“ von EU-Staaten aus. „Wir müssen uns überlegen, wie im Extremfall Mitgliedsländer in die geordnete In­solvenz gehen können, ohne dass die Euro-Zone insgesamt gefährdet ist“, sagte Schäuble der „Rheinischen Post“. Die EU-Arbeitsgruppe zur Zukunft des Stabilitäts­pakts müsse eine Art Insolvenzverfahren für Staaten schaffen.

Resümee:

In Betracht der „selbstverschuldeten Krise Griechenlands“ ist es den stark belasteten Österreicherinnen und Österreichern nicht zu verdenken, dass die geplanten Hilfsmaß­nahmen hinterfragt und kritisiert werden. Insbesondere die Tatsache, dass ihnen kein „reiner (griechischer) Wein“ eingeschenkt wird, dürfte den Unmut verständlicherweise schüren. Gleiches gilt für die wohlbekannte Schonung der Banken, denen wie beim ersten Bankenrettungspaket keine ausreichenden Auflagen und Bedingungen auferlegt werden.

Daher wollen wir im Sinne der Menschen in Österreich und Griechenland:

1. Keine Finanzhilfe an Griechenland, solange nicht sichergestellt ist, dass ein nach­haltiger Sanierungsplan auf Basis fundierter Kennzahlen umgesetzt werden kann.

2. Der Finanzminister soll Griechenland auffordern, freiwillig aus der Währungsunion auszutreten, bis die Defizitkriterien wieder erreicht sind – als Hilfe zur Selbsthilfe.

3. Die Banken müssen für eine allfällige Hilfe ihren Beitrag leisten und darüber hinaus bindende Verpflichtungserklärungen abgeben, nicht mehr gegen Staaten zu spekulie­ren – mehr als nur ein Stillhalteabkommen!

Die EU sollte die Finanzhilfen an eine Volksabstimmung in Griechenland koppeln, weil nur damit feststellbar ist, ob die notwendigen Einsparungsschritte demokratisch durch­setzbar sein werden. Die griechische Bevölkerung soll damit selbst entscheiden, ob sie den Austritt des Landes aus der Euro-Zone oder das massive Sparpaket haben will. Der freiwillige Austritt aus der Euro-Zone – wie vom BZÖ präferiert – würde es den Griechen erlauben, mittels einer neuen Währung und einer Abwertung die Finanzpro­bleme auf ein bewältigbares Ausmaß zu reduzieren. Wählen die Griechen den Verbleib in der Euro-Zone, dann müssen sie sich auch bewusst sein, dass sie ein Sparpaket er­wartet, wie es noch kein europäisches Land in den letzten Jahrzehnten erlebt hat. Grie­chenland müsste nämlich 15 Prozent des BIP einsparen, ein "normales" Sparpaket, das bereits massive Einschnitte für die Bevölkerung bringt, liegt aber bei nur ein bis


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