Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 35

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diesen 110 Milliarden € kein Auslangen finden wird. Heute erfahren wir, dass es mögli­cherweise 150 Milliarden € sein werden, die am Ende zu bezahlen sind. Und das ist noch längst nicht alles, wenn man weiß, dass sich Eurostat-Generaldirektor Raderma­cher beklagt, dass erst Mitte des heurigen Jahres überhaupt die Zahlen, Daten und Fakten vorliegen werden, um eine Einschätzung zu haben, wie Griechenland tatsäch­lich dasteht.

Sie befinden sich neuerlich im Blindflug, Herr Finanzminister! Sie belasten die Republik mit 3,2 Milliarden € an neuen Schulden. Der Verschuldungsgrad steigt zu Lasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Und das ist ein unverantwortlicher Akt, ein selbst­herrlicher Akt geradezu, den Sie hier gesetzt haben, wo Sie dem IWF und auch der Euro-Zone Mittel versprochen haben, für die Sie keine Autorisierung haben, Herr Fi­nanzminister. Daher ist das ein Verzweiflungsakt ohne Legitimation und ohne Zustim­mung des Nationalrates gewesen. (Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist noch längst nicht alles. Es bleibt ja nicht bei diesen 2,3 Milliarden €, das wissen wir. Der IWF ist gezwungen, seinen Mit­teleinsatz aufzustocken, das wird auch die Oesterreichische Nationalbank mit 3,4 Mil­liarden € treffen, wo sich jeder fragt, wie es denn sein kann, dass nicht die EZB die Staatsanleihen von den Euro-Ländern kauft. Warum macht das nicht die EZB direkt, so wie das in den USA der Fall ist? Warum müssen immer Banken dazwischengeschaltet werden, die das große Geschäft machen, die abzocken, wodurch die Euro-Länder dann zusätzlich mehr an Zinsen zu bezahlen haben?

Dann kommt es auch vor – und das ist dann der Ausfluss all dieser Begebenheiten und dieses Chaos –, dass EZB-Präsident Jean-Claude Trichet die Dinge richtig anspricht und sagt: Wir brauchen einen neuen Pakt, die Euro-Zone muss erneuert werden!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist genau der Punkt, daher sprechen wir das auch an und sagen: Es ist falsch, wenn Sie jetzt hergehen und Griechenland Tür und Tor öffnen und den Griechen Milliarden zuschanzen. Es wäre redlich und wichtig, die anderen Optionen zu wählen, die Griechenland noch hat, nämlich die Option, ent­weder in eine eigene Währung zu gehen, oder jene, die wir favorisieren, und zwar einen zweiten Euro, einen „Euro light“ zu machen, einen Med-Euro, einen Euro für die PIGS-Staaten, für die betroffenen Länder, die noch nicht die Kriterien erfüllt haben, um einen wirklichen harten Euro zu gewährleisten. Das wäre der sinnvollste, nationalöko­nomisch vertretbarste Weg, den es zu favorisieren und umzusetzen gelte. (Beifall beim BZÖ.)

Wir wollen dabei Griechenland nicht ausschließen. Wir wollen Griechenland nicht aus­schließen! Griechenland soll, wie alle Club-Med-Länder, wie alle mediterranen Länder, Mitglied der Europäischen Gemeinschaft bleiben. Wir wollen ihnen auch nicht die Tür weisen, aber man muss ihnen die Wahrheit sagen und sie darin bestärken, dass sie den Selbstgesundungsweg antreten – aber selbstbestimmt und überzeugt und nicht et­was aufs Auge gedrückt zu bekommen von den europäischen Mitgliedsländern mit Kri­terien und Maßnahmen, die sie selbst nicht umsetzen und finanzieren können, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Zur Stunde findet ein Generalstreik in Griechenland statt, und es ist nicht abzusehen, welche Auswirkungen dieser haben wird. Weil die Menschen in Griechenland diese Einschnitte nicht mitmachen werden, ist dieser Sanierungsplan gescheitert und wird auch nicht umsetzbar sein.

Es ist ein Fass ohne Boden. Es ist ein Fass ohne Boden, und das ist auch ein Grund, warum der österreichische Steuerzahler dafür auch kein Verständnis aufbringt. Ich hof­fe nicht, Herr Finanzminister, dass Sie heute wieder auf die Wortwahl Ihres Amtsvor­gängers zurückgreifen und sagen, diese Finanzspritze an Griechenland sei ein Geschäft für Österreich.

 


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