Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 50

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ern erschallt. Das, glaube ich, ist nicht die Lösung des Problems. (Abg. Bucher: Ihr be­teiligt euch doch auch an der Diskussion!)

Meine Damen und Herren! Trotz all dieser Missstände in Griechenland dürfen wir Grie­chenland in dieser Situation nicht allein lassen, sonst werden die Probleme der Grie­chen heute oder morgen unsere Probleme. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeord­neten der SPÖ. – Abg. Strache: Die sind es eh schon!)

Die Vernunft zwingt uns also hier zur Hilfe. Und wenn Kollege Bucher vom BZÖ auch im Antrag hier einmahnt, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten: Ja, das ist ja gerade Hilfe zur Selbsthilfe, Griechenland über diese Hürde drüberzuhelfen, aber dem Land gleichzeitig auch aufzuerlegen, jene Strukturen im eigenen Land in Ordnung zu bringen, die eben derzeit nicht in Ordnung sind. (Abg. Bucher: Sie helfen den Banken! Sie helfen den Banken und nicht den Griechen! – Abg. Strache: Das haben wir gesehen beim öster­reichischen Bankenpaket, was da „auferlegt“ worden ist!)

Meine Damen und Herren, erinnern wir uns zurück: Die Finanzkrise wurde damals in ihrer ganzen Dimension ausgelöst, als die erste Bank in Amerika, Lehman Brothers, in Konkurs gegangen ist und man ihr nicht geholfen hat. (Abg. Bucher: Wo ist die Speku­lationssteuer?) Da ist ein Dominoeffekt in Gang gesetzt worden – mit fatalen Auswir­kungen! „Lehman“ darf sich nicht wiederholen, und deshalb müssen wir Griechenland jetzt helfen! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, ein weiterer Punkt. Nicht wenige Experten haben gewarnt, dass die Finanzkrise noch nicht vorbei sei. Ich fürchte, sie haben Recht behalten. Nach der Bankenkrise ist jetzt eine Staatenkrise sichtbar geworden, eine Schuldenkrise vieler westlicher Staaten, die viel zu lange, über Jahre, und wir auch, über die Verhält­nisse gelebt haben, Schulden gemacht haben. Das heißt, jetzt platzt nach der Immobi­lienblase leider die Blase der Staatsschulden. Und das schmerzt.

Meine Damen und Herren! Aber wir können, wir dürfen Griechenland nicht helfen, ohne von Griechenland eigene Anstrengungen zu verlangen, und zwar enorme eigene An­strengungen. Die Menschen in Griechenland stehen vor großen Opfern. Die Politik dort steht vor einer Riesenaufgabe, aber diese Aufgabe muss gelöst werden. Ich denke, die meisten Griechen und Griechinnen haben die Zeichen der Zeit erkannt (Abg. Mag. Stad­ler: Ja, das sieht man!), und sie haben meines Erachtens alles andere verdient – bei aller Kritik an den Fehlern, die dort passiert sind –, sie haben alles andere verdient als Häme oder Polemik, wie sie leider mancherorts zu hören und zu lesen ist.

Ich glaube auch nicht, dass es eine Lösung wäre, den Griechen jetzt den Sessel vor die Tür zu stellen, denn das wäre der Anfang vom Ende unseres Integrations- und Frie­densprojektes, auf das wir in Europa zu Recht stolz sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Manche zweifeln derzeit auch die Sinnhaftigkeit des Euro insgesamt an. Ich sage, Ös­terreich und auch Europa brauchen den Euro. Denken wir nur daran: 70 Prozent unse­rer Exporte – und unser Wohlstand wäre ohne die Exporte nicht möglich – gehen in die Länder der EU. Wir haben uns in den letzten Jahren Milliarden gespart an Kurssiche­rungsgeschäften, die sonst notwendig gewesen wären, und auch die Finanzkrise hätte uns um vieles härter getroffen, wenn wir den Euro nicht gehabt hätten. (Abg. Strache: Siehe Schweiz!)

Und wenn wir Hilfe gewähren wollen, dann müssen wir auch die Ursachen analysieren. Alle Länder – oder fast alle; die meisten, nicht alle – finanzieren ihren Wohlstand mit Schulden. (Abg. Strache: Die Schweiz nicht!) Wir haben zusätzlich zu den Schulden, die wir leider zu unserer Wohlstandsfinanzierung aufgenommen haben, auch noch eine Unsumme an Schulden zur Krisenbewältigung machen müssen. Die Welt ist verschul­det wie noch nie in Friedenszeiten!

 


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