Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 56

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mich, so zu sagen. Aber wenn Portugal und Spanien dazukommen, dann haben wir ein ernsthaftes Problem. Die Banken der Euro-Zone allein, meine Damen und Herren, sind in Griechenland, Portugal und Spanien zusammengenommen mit rund 800 Milliarden € engagiert. Das ist kein Klacks mehr.

Also: Wir stehen jetzt vor der unangenehmen Entscheidung, in Griechenland mehr oder weniger direkt einzugreifen oder, wenn wir das nicht tun, den europäischen Ban­ken wiederum direkt zu helfen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan.) Ja, das ist so, das kann man auch offen so sagen. Deswegen sage ich nicht, dass die Banken die Misere verschuldet hätten. Das ist zumindest im Falle Griechenland ausnahmsweise nur be­schränkt so.

Trotzdem sollen die Gläubiger in diesem Fall nicht ungeschoren davonkommen. Ich würde sagen, neben den Maßnahmen, die die EU und der IMF jetzt beschlossen ha­ben, sollte es drei Leitlinien zur weiteren Vorgangsweise geben.

Erstens: Fälschen darf sich nicht lohen – jetzt nicht und in der Zukunft auch nicht! Das heißt, Griechenland muss seinen Beitrag leisten. – Ich komme noch darauf zurück.

Zweitens und drittens – zwei Botschaften an die Gläubiger –: Risikoaufschläge auf Kre­dite zu verlangen, ohne das Risiko zu tragen – nein! Wenn man Risikoaufschläge ver­langt, dann hat man nachher auch zumindest einen Teil des Risikos zu tragen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Und – ein Punkt, der bisher noch nicht in der Debatte war –: Die Nicht-Euro-Zo­nenländer sollen nicht zu Trittbrettfahrern der Euro-Zone werden. (Neuerlicher Beifall bei den Grünen sowie Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

Was ist denn mit jenen Schweizer Banken, die in der Größenordnung von 20 bis 40 Milliarden €, so habe ich es gelesen, in Griechenland engagiert sind – von Portugal und Spanien ganz zu schweigen –, mit den britischen Banken, die speziell in Spanien engagiert sind? Die einzige Möglichkeit, diese Gläubiger mit in die Verpflichtung, mit in die Verantwortung zu nehmen, ist ein geordnetes, wenn Sie so wollen, Ausgleichs­verfahren, ein Umschuldungsverfahren. Im Englischen nennt man das ein bisschen euphemistisch „preemptive restructuring“. „Preemptive“ heißt: bevor die Krise akut ist. Man hat jetzt Zeit, ungefähr ein Dreivierteljahr, ein Jahr, würde ich sagen, aber nicht viel länger, um das zu tun. Und „restructuring“ heißt: Verlängerung der Fristen, Erstre­ckung der Tilgungszeiträume, Reden über den Zinssatz und Teilnachlässe bei der Schuld. Sonst wird Griechenland aus dieser Misere mit eigenem, noch so großem Be­mühen nicht herauskommen, fürchte ich.

Das Problem ist ja hier eine Gratwanderung. Fälschen darf sich nicht lohnen – ja! Grie­chenland muss die Zeche zahlen – ja! Aber die Rosskur, die wir Griechenland zu­muten, soll nicht dazu führen, dass hinterher der Patient tot ist. Also, wenn der Patient nachher wieder laufen können soll, sollte man ihm nicht vorher die Beine amputieren. Das ist jetzt eine ganz schwierige Gratwanderung!

Meine Damen und Herren von BZÖ und FPÖ, ob jetzt Griechenland aus der Euro-Zone austritt oder nicht, ist nicht so wichtig, denn damit würde sich nur verdammt wenig an dieser Rosskur ändern, denn selbst dann, wenn Griechenland die Drachme wieder ein­führen und es eine sofortige Abwertung – sagen wir 30 bis 50 Prozent – geben würde, wären die Schulden noch immer da, damit würden sie nicht verschwinden. Die Schul­den in Euro – und sie haben zu 98 oder 99 Prozent Euro-Schulden – würden dadurch nicht verschwinden, die wären dann umso teurer zu bedienen. Sie müssten sich umso mehr anstrengen, in Drachmen so viel Geld zu verdienen, dass sie es in Euro zahlen könnten. Also, an der Rosskur ändert sich dadurch gar nichts! (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)

 


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