Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 57

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Nichtsdestoweniger meine ich, dass das im Prinzip machbar ist. Ich hoffe, dass das auch die Gewerkschaften eines Tages einsehen werden. Österreich – ich habe die letzte Revenue Statistics der OECD vor mir – hat eine Abgabenquote, Steuern und So­zialversicherung, von über 42 Prozent im Jahr 2007, Griechenland eine solche von 32 Prozent. Der Unterschied sind zehn Prozentpunkte. Zehn Prozentpunkte im Falle Griechenlands sind rund 25 Milliarden € pro Jahr. Also, da ist schon viel Spielraum in der Steuerpolitik – ganz abgesehen davon, dass die Steuermoral in Griechenland end­lich einmal auf normale Maßstäbe gehoben werden muss.

Die 110 Milliarden € – noch einmal: da geht es nicht nur um die Moral, sondern auch um eine Realistik der Einschätzung –, die Griechenland jetzt für drei Jahre versprochen wurden, reichen, wenn die Finanzmärkte nicht wieder aktiviert werden können, besten­falls für zwei Jahre. Dann stehen wir vor derselben Situation. Das heißt: Das Pro­gramm setzt voraus, dass die Finanzmärkte bis dahin wieder aktiviert werden können. Das ist aber nicht der Fall, wenn jeder – fast jeder – Kommentar in der „Financial Times“ oder im „Economist“ davon ausgeht, dass Griechenland das in dieser Zeit nicht schaffen können wird, dass eine Umschuldung, ein Restructuring unvermeidlich ist.

Und dazu kommen meine beiden Argumente: Die Gläubiger müssen mit in die Verant­wortung hineingenommen werden, insbesondere auch jene aus Ländern der Nicht-Euro-Zone. Und was die Spekulanten betrifft: Ich sehe keinen großen Beitrag bei den Spekulanten zur Situation in Griechenland, ich sage es Ihnen ganz ehrlich, auch nicht bei den CDS, nicht bei den Banken – ausgenommen das Jahr 2010. Aber bis zum Ok­tober 2009, Herr Kollege Bucher, galt Griechenland als normaler Schuldner – als ganz normaler Schuldner! Also, das kann man ihnen nicht vorwerfen, dass sie denen Kredite gegeben haben. 2010 war das allerdings anders. Also da muss man sehr vorsichtig sein.

Abschließend würde ich sagen: Was lernen wir noch daraus? – Meine Damen und Her­ren, es genügt nicht, dass Länder beim Eintritt in die Euro-Zone die Bedingungen er­füllen, die damals aufgestellt worden sind. Das genügt offensichtlich nicht! Wesentlich ist das Verhalten als Mitglied in der Euro-Zone! – Und da genügt auch der Stabili­tätspakt nicht! Auch der Stabilitätspakt verhindert keine Immobilienblase, verhindert keine Bankenblase oder sonst irgendwas. Da brauchen wir eine Koordinierung der Fi­nanzpolitik auf europäischer Ebene, die sich sozusagen gewaschen hat.

Dieser Herausforderung müssen wir uns in den kommenden Jahren so schnell wie möglich stellen! – Danke schön. (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)

15.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es gelangt nun Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 6 Minuten. – Bitte.

 


15.03.56

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! Herr Professor Van der Bellen! Es ist schon richtig, was Sie hier gesagt haben, als Sie meinten, dass es nicht ausreichen darf, dass ein Mitgliedsland der Euro-Zone ein Mal die Konvergenzkriterien erfüllt und dann machen kann, was es will. Nur, Herr Kol­lege Van der Bellen: Das waren genau jene Punkte, die wir – auch gegen Ihre Meinung und gegen Ihre Ausführungen damals – bei der Euro-Einführung vorgebracht haben und die alle Befürworter – und so etwas Ähnliches klingt ja heute auch wieder durch – in den Wind geschlagen haben, weil wir Kritik geübt haben an der Umsetzung – nicht am Prinzip! Wir haben nie gesagt, dass eine gemeinsame Währung nicht auch unser Ziel wäre, aber wir haben immer gesagt, dass eine gemeinsame Währung, eine Wäh­rungsunion nur dann funktioniert, wenn wir davor eine funktionierende Wirtschaftsunion gründen und wenn es klare Kriterien für die Mitgliedsländer in der Euro-Zone gibt, die dann aber auch eingehalten werden müssen.

 


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