Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 77

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me europäische Währung. Darum geht es. Sie ist unverzichtbar für uns Österreicher und Österreicherinnen.

Es geht aber auch um mehr. Ich möchte hier Angela Merkel aus ihrer Regierungserklä­rung von heute zitieren:

„Europa muss entscheiden, ob es den Weg der Vergangenheit fortsetzen will. Dieser Weg bestand zu oft darin, dass Probleme selten direkt beim Namen genannt wurden, dass sie in der Folge nicht konsequent genug angegangen wurden, dass zu oft gehofft wurde, es werde sich schon alles regeln und irgendwie gut gehen.“

Meine Damen und Herren, das ist nicht der Weg, den wir gehen wollen. Wir brauchen Lernfähigkeit: Lernfähigkeit auf der europäischen Ebene und auf der griechischen Ebe­ne. Ich verstehe den Zorn und die Verunsicherung vieler Menschen auch in Griechen­land. Ich wehre mich dagegen, dass man die Griechen hier samt und sonders verteu­felt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich wünsche Premierminister Papandreou beim Versuch, bei der Leistung, die jetzt vor ihm liegt, mehr Glück als den Premierministern vor ihm, denn alle Regierungschefs in Griechenland sind mit der Absicht angetreten, der Korruption das Handwerk zu legen. Keiner von ihnen hat es bis jetzt geschafft. Möge es Giorgos Papandreou mit dem Rü­ckenwind der Europäischen Union und auch mit der Strenge Angela Merkels – denn wir verdanken ihr maßgeblich, dass hier nicht Fässer ohne Boden entstehen, meine Damen und Herren, da bin ich gar nicht einverstanden mit Alexander Van der Bellen – gelingen, wirklich die Korruption zu beenden und einen tiefgreifenden Kurswechsel, ja einen Kulturwandel herbeizuführen.

Griechenland ist allein im letzten Jahr beim Internationalen Korruptionsindex von Transparency International um 13 Ränge abgestürzt und befindet sich zurzeit auf Platz 71, gemeinsam mit Rumänien, Bulgarien und Mazedonien.

Meine Damen und Herren, das ist kein Zustand! Es ist nicht nur etwas, was die Bevöl­kerung vollkommen entmutigt und für die Jugend keinen Platz lässt, es ist nicht nur moralisch verwerflich, es ist auch wirtschaftspolitisch extrem schädlich. (Beifall bei Ab­geordneten der ÖVP.)

Da ist die Europäische Union als Wertegemeinschaft gefragt, denn wir haben uns nicht nur zu einer Wirtschaftsgemeinschaft und einer Währungsunion – diese 16 Staaten – zusammengeschlossen, sondern vor allem auch zu einer Wertegemeinschaft. Wir kön­nen diese Wertegemeinschaft nicht nur in Sonntagsreden zitieren, wir brauchen sie auch jetzt, wo wir gemeinsam das Bewusstsein schaffen müssen, dass Korruption ein Übel ist, das ausgerottet werden muss und wofür die europäische Ebene eben auch in die Pflicht genommen werden muss.

Wir müssen uns angewöhnen, genauer hinzuschauen. (Beifall bei der ÖVP.) Wir müs­sen gleiche Regeln für Große und für Kleine in der Europäischen Union haben, die auch konsequent bei Groß und Klein gleich eingesetzt werden. Es ist ja auch kein Zu­fall, dass gerade kleinere Staaten unter Druck kommen.

Ich bin Angela Merkel dankbar dafür, dass sie diese umfassende Eigenanstrengung der Griechen durchgesetzt hat, ein sehr hartes Programm – kein Zweifel! –, aber ein Pro­gramm, das auch zu einem Kurswechsel in der griechischen Gesellschaft führen kann.

Letzten Endes geht es bei dieser Diskussion um unsere Wertegemeinschaft, um die Rechtsgemeinschaft Europa/Europäische Union. Es geht aber auch um die Frage des Primats der Politik über die Finanzmärkte.

Und ich bin ganz einverstanden mit dem, was der Vizekanzler und Finanzminister ge­sagt hat: Wir brauchen da als Lernprozess und als Umsetzungsprozess Einsicht einer-


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