Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 96

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sollen, besteht die Gefahr, dass sich Abgeordnete in drei Fraktionen dieses Hauses überlegen: Trifft es nur den Grasser, oder trifft es auch jemanden von uns?

Meine Damen und Herren von FPÖ, ÖVP und BZÖ, ich kann Ihnen eines sagen: Mit Sicherheit wird es jemanden von Ihnen treffen – weil Sie einfach alle dabei waren! Die Plünderungen in dieser Republik, die von einer organisierten Freundesgruppe unter Führung von Herrn Mag. Grasser durchgeführt wurden, waren zuerst freiheitliche Plün­derungen, dann waren sie Plünderungen des BZÖ, und die ganze Zeit waren sie Plün­derungen mit Unterstützung der Österreichischen Volkspartei. (Abg. Ursula Haubner: Nein, nein, nein!)

Um ein Haar wäre der Chefplünderer dieser Republik nicht nur Finanzminister, sondern auch Parteiobmann der Österreichischen Volkspartei geworden und wäre heute mögli­cherweise der wichtigste Koalitionspartner von Werner Faymann und Josef Cap.

Warum wollen wir jetzt untersuchen? – Weil es um Milliardenschäden geht und weil es um eine politische Kultur geht, die es in dieser Republik möglich gemacht hat, dass al­les von einem Freundeskreis rund um einen Finanzminister gestohlen wird, was nicht niet- und nagelfest ist. Es handelt sich um organisierte politische Diebestouren in die­ser Republik, wobei kein Gesetz und kein öffentliches Eigentum respektiert worden ist, nur ein Gesetz gegolten hat: Was in meine Tasche passt, das kommt auch in meine Tasche! Das war die Zeit von Mag. Grasser. Das war die Zeit der Schüssel/Hai­der/Grasser-Gruppe. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Ist ja unfassbar! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Jetzt sagen einige Abgeordnete – und dem Kollegen Kräuter glaube ich es auch –: Ja, das wollen wir untersuchen. Aber immer, wenn es um solche Fälle geht, ermittelt die österreichische Justiz. Immer, wenn es um etwas dieser Art geht, gibt es eine Anzeige, meistens von Abgeordneten der SPÖ, manchmal auch von Abgeordneten der Grünen.

Kollege Kräuter, ich frage dich eines: Wird die SPÖ in Zukunft auf Anzeigen verzichten, nur damit Ihrer Meinung nach ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss arbeiten kann? Wird die SPÖ abwarten bei verschleppten Prozessen, wo Staatsanwälte in selt­same Zustände politischer Lähmung verfallen und einen ehemaligen Finanzminister schlicht und einfach nicht mehr vorladen und nicht einvernehmen?

Da geht es nicht nur um Grasser, nehmen wir den Fall Platter: Affäre Zogaj, massiver Verdacht des Amtsmissbrauches, illegale EKIS-Abfragen, Verfolgung einer ganzen Flüchtlingsfamilie mit illegalen Methoden – und Platter wurde dazu bis heute nicht ein­vernommen. Ich kann Ihnen eine lange Liste von Ministern und Ex-Ministern aufzählen, die nicht verfolgt und nicht einvernommen werden.

Wenn es gelungen ist, die Staatsanwaltschaft in Tiefschlaf zu versetzen, Kollege Kräu­ter, darf das Parlament erst dann wieder arbeiten und kontrollieren, wenn die Staatsan­waltschaft aufgewacht ist? Haben wir am Bett der Staatsanwaltschaft zu stehen und zu bitten: Bitte, bitte, wacht auf, denn wir würden gerne ein paar Jahre später einen parla­mentarischen Untersuchungsausschuss durchführen!? (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Nein, stimmt nicht. Alle wichtigen Untersuchungsausschüsse – von „Lucona“ und „Nori­cum“ über die Eurofighter bis zum Innenministerium und selbstverständlich auch der letzte Untersuchungsausschuss – sind geführt worden, obwohl die Justiz parallel ermit­telt hat!

Das hat der Justiz gutgetan: Plötzlich haben die Staatsanwälte wieder zu vernehmen begonnen, plötzlich haben die Staatsanwälte wieder begonnen, Hausdurchsuchungen durchzuführen, plötzlich hat die Justiz wieder funktioniert – weil es nur eine Einrich­tung gibt, die eine politisch schläfrige Justiz auf rechtsstaatliche Art und Weise dazu motivieren kann, ihren Aufgaben nachzukommen, und das ist der österreichische Na-


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