Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 111

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eingebracht im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt 10, Bericht des Ausschus­ses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvorlage (627 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz geändert wird (717 d.B.) in der 67. Sitzung des Nationalrates am 20. Mai 2010.

Die auf uns zukommende Fachkräfteproblematik gefährdet sowohl die Erhaltung unse­rer derzeit noch wettbewerbsfähigen – fachkräfteabhängigen – Unternehmen, als auch die Schaffung neuer Betriebe, die insbesondere im Produktionsgüterherstellungsbe­reich und im Dienstleistungsbereich tätig sind bzw. sein wollen.

Der enorme Rückgang der betrieblichen Lehrlingsausbildung in Österreich darf nicht als kurzfristig auftretende Zeiterscheinung bezeichnet werden. Die Schaffung von AMS-Lehrstellen nach § 30 b BAG als Reaktion der Regierung auf den gravierenden betrieb­lichen Lehrstellenschwund kann nicht als betrieblicher Lehrstellenersatz akzeptiert wer­den.

Die in den vergangenen Jahren geschaffenen „echten“ überbetrieblichen Lehrstellen mit derzeit ca. 3.600 Ausbildungsplätzen nach § 30 BAG sind als Ergänzung zur be­trieblichen Ausbildung nicht in Frage zu stellen. Anzumerken ist aber, dass sich diese durchwegs von der öffentlichen Hand finanzierten Ausbildungszentren fast ausnahms­los nur in Ballungsgebieten – und auch dort nur in einigen wenigen Berufen – gut be­gründen lassen.

Problematisch und realitätsabweichend sind die im Jahre 2009 erstmals zu den Lehr­stellen hinzugerechneten 3.825 AMS-Lehrstellen (bis 2009 JASG-Maßnahmen). Sie werden unverständlicherweise als Ersatz für fehlende betriebliche Lehrstellen geltend gemacht, anstatt sie als gesellschaftlich- soziales Engagement zu sehen, wo es in ers­ter Linie darum geht, Jugendliche von der sprichwörtlichen Straße weg zu bekommen, weil zu wenig betriebliche Lehrstellen zur Verfügung stehen.

Wenn es um das Konkretisieren von Lösungsansätzen geht, ist es wichtig, neben Schwerpunkten, die speziell auf die neue Situation auszurichten sind, auch jene Pro­gramme als „Sofortmaßnahmen“ zu prüfen, die uns in den Jahren 2004 bis 2008 zu 12.500 zusätzlichen betrieblichen Lehrstellen verholfen haben.

Zumindest sollte danach getrachtet werden, die gegenwärtig sehr hohe Dotierung je Lehrstellen-Ersatzplatz für einen eingeschränkten Zeitraum auch KMUs in Nicht-Bal­lungsgebieten zur Einrichtung von zusätzlichen Lehrplätzen anzubieten.

Seit der Umsetzung des von den Sozialpartnern vorgeschlagenen und von der Regie­rung eingeführten neuen Lehrlingspakets haben wir rückgängige Lehrlingszahlen und zwar – gegenüber August 2008 – um 5.587 weniger betriebliche Erstjahrlehrplätze.

Und das in einer Zeit, in der die Regierung wiederholt ihre „Ausbildungsplatz-Garantie“ bekundet und verspricht, allen Jugendlichen einen Lehrplatz – oder gleichwertige Aus­bildungsalternative – zur Verfügung zu stellen. Noch vor gar nicht langer Zeit wurden 5.000 zusätzliche „betriebliche Lehrstellen“ als Effekt der „erleichterten Lehrlingskün­digung“ versprochen.

Der betriebliche Lehrstellenrückgang im ersten Lehrjahr – ein sehr aussagefähiges Be­wertungskriterium in Bezug auf die Wirksamkeit des neuen Lehrlingspaketes – hat un­mittelbar nach Inkrafttreten des neuen Modells im Juli 2008 begonnen und wurde da­rüber hinaus durch die Wirtschaftslage beschleunigt. Der für die Politik und die Sozial­partner seit Monaten erkennbare Lehrstellenschwund hätte sofort ein ergebniswirksa­mes Gegensteuern zur Folge haben müssen.

In der Folge sind das fehlende qualifizierte Mitarbeiter, die in unserer Wirtschaft beim mittelfristig zu erwartenden Aufschwung – und der kommt sicher – dringend benötigt werden, um nicht zusätzlich Fachkräfte aus dem Ausland anfordern zu müssen.

 


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