Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 222

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den-Kamm-Scheren ist schon deshalb für mich nicht denkbar, weil jede Indikation spe­zielle medizinische Leistungen erfordert. Wenn ich da jetzt als Steirer daran denke, welche Leistungen im Rehab-Zentrum der AUVA in Tobelbad erbracht werden, wo schwerstbehinderte Menschen, querschnittgelähmte Menschen behandelt und thera­piert werden, und dem eine private Einrichtung gegenüberstelle, wo Sie und ich für 21 Ta­ge Kuraufenthalt hinfahren, dann lässt sich das einfach nicht vergleichen.

Ich denke mir, die Abgeltung für private Rehab-Einrichtungen ist nicht die schlechteste, denn sonst würden sich nicht tagtäglich beim Hauptverband neue Bewerber anstellen, um solche Verträge lukrieren zu können. (Beifall bei der SPÖ.)

20.33


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. 4 Minuten Redezeit sind eingestellt. – Bitte.

 


20.33.57

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr ver­ehrten Damen und Herren! Es besteht, und davon bin ich überzeugt, kein Zweifel in diesem Hohen Haus, dass alles getan werden muss im Kampf gegen sexuelle Gewalt, gegen körperliche Gewalt, gegen psychische Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Ich zweifle nur daran, dass die Umsetzung eines gesamten Maßnahmenkatalogs wirklich vonstattengehen kann.

Im Gesundheitsausschuss haben wir den Antrag der Frau Abgeordneten Belakowitsch-Jenewein besprochen. Der Herr Minister hat sich auf das Verbrechensopfergesetz be­rufen, indem er gesagt hat: Nach dem Verbrechensopfergesetz kann Kindern und Ju­gendlichen, die Gewalt erfahren haben, die Therapie bezahlt werden.

Wenn man sich das Verbrechensopfergesetz genau anschaut, dann stimmt das nicht ganz. Das Verbrechensopfergesetz funktioniert so, dass eine Anzeige erstattet werden muss, dass eine rechtswidrige und vorsätzliche Tat passiert sein muss, die mit mehr als 6 Monaten Freiheitsstrafe bedroht ist, und eben eine Gesundheitsschädigung erlit­ten wurde. Aber die Leistung wird nur bezahlt, wenn erstens der Therapeut oder die Therapeutin einen Krankenkassenvertrag hat und zweitens im Verfahren auf Schaden­ersatzansprüche nicht verzichtet wurde. Das sind die zwei großen Probleme, die die Therapiekostenübernahme über das VOG so schwierig machen.

Ein Beispiel: Eine Mutter bemerkt, dass ihre minderjährige Tochter sexuelle Gewalt er­fahren hat und missbraucht wurde, und erstattet Anzeige. Der Täter ist der Vater. Das kommt leider in Österreich vor. Die Tochter muss in Therapie. Das weiß die Mutter, das wissen auch die Betreuungseinrichtungen, das weiß die sozialarbeiterische Betreu­ungseinrichtung, in der sich das Kind befindet – und das Kind bekommt auch ziemlich schnell einen Therapieplatz. Das Problem ist nur, dass die Mutter die Aussage verwei­gert, sie entschlägt sich im Verfahren – und somit das Kind keinen Rechtsanspruch mehr hat, über das Verbrechensopfergesetz diese Therapie zu erhalten. Das bedeutet, dass die Kosten rückerstattet werden müssen, und das bedeutet auch, dass es keine Unterstützung mehr gibt.

Beispiel zwei wäre, wenn gar keine Anzeige erstattet wird. Wir wissen alle, gerade aus der sozialen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, gerade aus dem ärztlichen Bereich, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, dass es extrem schwierig ist, Anzeigen überhaupt zu erstatten. Gegen den Papa oder gegen den Bekannten Anzeige zu er­statten, nämlich durch die Mutter meistens – die Kinder selbst, die minderjährig sind, werden nicht oft Anzeige erstatten –, ist extrem schwierig. In diesem Fall gibt es auch keine Kostenübernahme.

So, und als drittes Problem, nach den fehlenden Therapeutinnen und Therapeuten mit Krankenkassenvertrag, nach den Schadenersatzforderungen, haben wir noch das Pro-


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