Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung / Seite 78

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Nun schauen wir uns an, wie es um die Sicherheit jener Kinder und Jugendlichen bestellt ist, die hier seit Jahren in die Schule gehen, die hier bestens verwurzelt und bestens integriert sind, deren Eltern teilweise oder beide aber über kein gültiges Auf­ent­haltsrecht verfügen. Wir reden alle seit drei Tagen wieder sehr stark über das Schicksal und die Zukunft einer derartigen Familie. Wir reden über die Zukunft von zwei minderjährigen Kindern, neun und elf Jahre alt, die den Großteil ihres Lebens in unserem Land verbracht haben, die hier in die Schule gehen, perfekt deutsch sprechen, in der Schule erfolgreich sind. Wir reden über eine inzwischen fast schon gebrochene Frau und Mutter, die nichts sehnlicher wünscht, als endlich Frieden zu haben und die Zukunft ihrer Kinder in geordneten Bahnen und gut geregelt zu sehen.

Wir reden über ein gerade 18 Jahre alt gewordenes Mädchen, über eine junge Frau, die hier bestens integriert ist. Und wir reden alle immer wieder darüber, dass die Zukunft dieser Familie, dieser zerschlagenen und inzwischen nur mehr aus vier Personen bestehenden Familie, eigentlich ins Ungewisse führen soll.

Nun wird in den letzten Tagen oft gesagt, Entscheidungen des Verfassungsgerichts­hofes seien zur Kenntnis zu nehmen. – Ja, wir Grüne sehen das genauso. Erkennt­nisse des Verfassungsgerichtshofs sind zur Kenntnis zu nehmen. Wenn die Regie­rungsparteien und andere Fraktionen in diesem Haus davon sprechen, dann fragen wir uns allerdings, wieso einem dann nicht einfällt, dass es seit 2001, seit sage und schreibe neun Jahren, genauso ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs gibt, das besagt, dass auch in Kärnten zweisprachige Ortstafeln anzubringen sind. (Ruf: Sind eh dort!) Dort, wo es um die Umsetzung dieser Entscheidung des Verfassungsgerichts­hofs, die selbstverständlich auch umgesetzt werden muss, geht, ist der Umsetzungs­eifer der Regierung gleich null.

Da ist doch eindeutig, dass mit zweierlei Maß gemessen wird. Wenn es um die Um­setzung eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes geht, das offensichtlich der Bundesregierung und zwei weiteren Fraktionen in diesem Haus nicht genehm ist, dann wird auf die Umsetzung schlicht und ergreifend verzichtet, dann beruft man Konsens­konferenzen ein und lässt es sich gefallen, dass neun Jahre lang der österreichische Staatsvertrag mit Füßen getreten wird, unternimmt aber nichts.

Die Regierungsparteien sprechen davon, Recht muss Recht bleiben. Es ist auch unsere Aufgabe, darauf hinzuweisen, dass das Recht gemacht wird. Das Recht wird von Menschenhand, wird von Politiker- und Politikerinnenhand gemacht. Das Recht ist nicht gottgewollt. Und es ist feig, strengste Gesetze zu machen, diese jedes Jahr noch weiter zu verschärfen und so alle gesetzlichen Lösungsmöglichkeiten für Menschen, die hier Wurzeln geschlagen haben, die hier bestens integriert sind, zu unterbinden. Wenn man dieses Tor zumacht und sich dann hinter den Gesetzen verschanzt und sagt, wir müssen die Gesetze umsetzen, Recht muss Recht bleiben, dann, muss ich sagen, ist es feig, einfach Gesetze vorzuschützen, um Unmenschlichkeit walten lassen zu können. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Grosz: Rufen Sie die Anarchie aus! Kein Problem, machen wir es kurz!)

Abschließend möchte ich darauf hinweisen und daran erinnern: Es entsteht kein einziger zusätzlicher Job in unserem Land, wenn diese vier Personen abgeschoben werden. Es wird kein einziger Österreicher mehr Lohn oder mehr Pension bekommen, wenn diese Familie ins Ungewisse zurückgeschickt wird. Ganz im Gegenteil. Bei einer schrumpfenden und alternden Gesellschaft einerseits von Integration zu sprechen, andererseits bestens integrierte Kinder und Jugendliche, die hier aufgewachsen sind, die ihren Beitrag zu diesem Land leisten wollen, um jeden Preis loswerden zu wollen, das ist nicht nur keine Integrationspolitik, das ist nicht nur unmenschlich, sondern das ist schlicht und ergreifend unvernünftig, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen.)

 


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