Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung / Seite 106

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der Exekutive sind nicht gelöst, das Asylantenproblem ebenfalls nicht. Papier ist geduldig: 600 Seiten, 200 Seiten Statistik.

Was mich aber heute in dieser Debatte besonders betroffen gemacht hat, sind die Aus­sagen der Frau Bundesminister und der Vertreter der ÖVP. Frau Bundesminister, Sie sind hergegangen und haben gesagt, wir sollen uns darüber freuen, dass die Situation in unserem schönen Land so ist.

Frau Bundesminister! Ihre eigene Statistik gibt keinen Anlass zur Freude. (Abg. Kößl: Zuhören!) Erklären Sie, warum in Wien der Anstieg der Straftaten gegenüber Leib und Leben exorbitant gestiegen ist! Sollen sich die Menschen in Floridsdorf freuen, dass es zu einem Anstieg um 43 Prozent gekommen ist? Sollen sich die Menschen im Bezirk Murau darüber freuen, dass es im Vergleich zum Vorjahr um 15 Prozent mehr Verbrechen gegeben hat? Sollen sich die Menschen in Krems darüber freuen, dass um 80 Prozent mehr an Verbrechen zu Buche schlagen? Soll man sich in Mattersburg darüber freuen: 18 Prozent mehr an Kriminalität!?

Frau Bundesminister! Geschätzte Vertreter der ÖVP – Herr Amon, der von einem Erfolg gesprochen hat, Herr Kößl, der gesagt hat: großartig! –, erklären Sie das den Menschen hier! Für Ihre Aussagen gibt es in Wirklichkeit zwei Gründe oder zwei Möglichkeiten: Zum einen, Sie meinen es zynisch, wenn Sie heute hier hergehen und sagen, wir sollen uns über diese Situation freuen, und Sie verhöhnen damit die Öster­reicher. Oder Sie leiden unter Realitätsverlust, denn auch Ihre geschönte Statistik spricht ja eine ganz andere Sprache.

Wenn die ÖVP heute von einem Erfolg spricht, dann kann das nur ein Erfolg in Bezug auf die parteipolitischen Postenbesetzungen sein, die Sie im Innenministerium in den letzten Jahren vorgenommen haben. Darauf möchte ich heute schon auch aufmerksam machen. Seit dem Jahr 2007, seit Strasser, seit Platter wird das schwarze Innenressort über strategische Postenbesetzungen systematisch umgefärbt. (Beifall bei der FPÖ.)

Das läuft insbesondere in der jüngsten Zeit so ab, dass bisher über das Landespolizei­kommando Schlüsselpositionen ohne Einmischung des jeweiligen Ministers vergeben wurden, aber seit Strasser wissen wir ja, es gibt da die schwarze Personalvertretung (Zwischenrufe bei der ÖVP), einen Herrn Michael Kloibmüller – ich glaube, das ist Ihr Ressortverantwortlicher als Kabinettchef –, der sich da besonders hervorgetan hat.

Frau Justizminister! Ich möchte nur darauf aufmerksam machen: Es waren, glaube ich, die Grünen, die den E-Mail-Verkehr in diesem Zusammenhang auch angezeigt haben. Im Jahr 2008 wäre diese Strafanzeige eigentlich zu behandeln gewesen. Werden wir vonseiten der Justiz wieder so lange warten wie bei Herrn Strasser, dass dann die E-Mails plötzlich verjährt sind oder dass man auf diesen Akt vergessen hat? (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich rufe nur in Erinnerung, wie diese Postenbesetzungen gehandhabt werden. Da wird ein ÖVP-Kandidat etwa wie folgt angepriesen: „Es handelt sich um einen Mann, welcher uns gegenüber loyal ist, dies obwohl sein Vater, Kriminalbeamter E. J., ein blauer Gemeinderat in Schwechat war“. Und plötzlich werden solche Postenbeset­zungen vorgenommen: als „loyale“ Führungskraft, ein Mann „von uns“.

Die Praxis hat sich gerade unter Ihnen, Frau Bundesminister, in diesem Bereich dras­tisch verändert. Seit dem Jahr 2007 mehren sich nämlich die Bewerbungen von Poli­zei­­beamten aus anderen Bundesländern. Erfolgt eine Bewerbung in dieser Art und Weise, dann kann nicht mehr das Landespolizeikommando über die Personal­besetzung entscheiden, sondern dann entscheidet das Bundesministerium für Inneres.

 


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