Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung / Seite 228

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20.11.14

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Vom Quantensprung war die Rede, Herr Kollege Stummvoll. Sie wissen ja genau, im engsten Sinn des Wortes, physikalisch betrachtet, ist ein Quantensprung ein Übergang in kleinerem Ausmaß und nicht eine qualitative Veränderungen in einem Gesamtprozess. Und genau das trifft auch auf dieses Gesetz zu! Es bietet zwar leichte Verbesserungen gegenüber dem Status quo, aber die wesentlichen Dinge werden unseres Erachtens ins Gegenteil verkehrt, nämlich verschlechtert.

Herr Staatssekretär, wir wissen es ja, und da nützt auch gar kein Herumreden: Es gibt eine Verdoppelung des Spielereinsatzes, es gibt eine Verfünffachung der Zahl der Spiele in einem gewissen Zeitraum, und das bedeutet, meine Damen und Herren, leider eine Vervielfachung der Probleme.

Schauen wir doch die Probleme ganz konkret an! Gehen Sie nach Kärnten, nach Treffen und schauen Sie sich dort die Statistik im Krankenhaus an, nachdem in Kärnten das Glücksspiel sozusagen landesgesetzlich erlaubt wurde. Was glauben Sie, wie sich da die Zahlen in der Statistik geändert haben? – Ursprünglich gab es sechs Behandlungsfälle, ambulant Behandelte in Sachen Spielsucht. Und jetzt: 233! Bitte, das ist ein massiver Anstieg der Problematik.

Oder schauen Sie auch in das andere Krankenhaus, De La Tour: Ursprünglich 1 Prozent der Behandlungsfälle aufgrund Spielsucht. Und nachdem das Landesgesetz die Automaten sozusagen legalisierte – 15 Prozent.

Drittes Beispiel: Sie haben vielleicht am Sonntag vor einer Woche auch die Sendung „Hohes Haus“ gesehen. Da lief ein guter Beitrag aus Kalksburg. Eine Spielsüchtige erzählte von ihren Herausforderungen, von ihren Belastungen. Zum Schluss wird dann noch ihr Therapeut interviewt. Und der Therapeut, Herr Dr. Poppe, wird mit der Frage konfrontiert: Wie schätzen Sie die Verdoppelung des Spieleinsatzes auf 10 € ein? – Die Antwort des Therapeuten war, dass er einen kranken Spielsüchtigen zitiert hat. Und der kranke Spielsüchtige sagt: San die deppat? San die deppat, dass sie den Einsatz verdoppeln?!

Das war also in der Sendung „Hohes Haus“ zu hören. Bitte, das ist sozusagen eine Rückmeldung von der Expertenebene, denn Sie haben ja ein Glücksspielgesetz ohne Begutachtung, ohne Experten-Hearing und ohne die Betroffenen, die Familienange­hörigen – die vielen also, die leiden, die bankrott sind, weil Mitglieder der Familie spiel­süchtig sind – einzubeziehen ins Parlament gebracht.

Wir lehnen dieses Gesetz ab, denn es hätte ja einen Weg gegeben. Es hätte den Weg Norwegen gegeben. Norwegen hat eine systematische Beschränkung vorgenommen, zwar die Legalisierung durchgeführt, den Wochenverlust allerdings mit 250 € limitiert. Und was machen Sie? – Sie limitieren den Zweistundenverlust mit 72 000 €, falls ich das richtig in Erinnerung habe! Da klaffen ja Welten dazwischen: Norwegen 250 € in der Woche, bei uns alle zwei Stunden 72 000 €. Das ist Ihr Glücksspielgesetz! Und was Sie damit an sozialen Problemen, an finanziellen Problemen, auch an Behand­lungsproblemen lostreten – bitte, das liegt in Ihrer Verantwortung, Herr Staatssekretär.

Wir haben ja auch über diese 10-€-Grenze gesprochen. Ihre ehrliche Auskunft im Ausschuss war: Gewisse Bereiche wurden verschärft, deswegen müssen wir bei der Spielhöhe etwas anheben. Die „Anhebung“ ist eine Verdoppelung, und in Kombination mit der erhöhten Zahl ergibt das eben diese sagenhaften 72 000 €. Das ist der Weg in den Ruin, und das wollten wir verhindern. Wir haben wirklich systematisch in Richtung Spielerschutz weiterverhandelt. Ich muss mich auch noch für die konstruktive Arbeit bedanken, zum Beispiel auch für die Idee der Spielerkarte von Kollegem Westenthaler,


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