Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 38

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Heute ist es so, dass die Haushalte großteils verkabelt sind oder schon Antennen ha­ben. Der ORF muss sich auf dem gesamten deutschsprachigen Sendermarkt bewäh­ren, der in Österreich ausstrahlt.

Wir wissen, dass im Zusammenhang mit neuen Werbefenstern österreichischer Töch­ter zahlreicher deutscher Medienkonzerne rund 280 Millionen € an Werbeerlösen allein an diese Betreiber gehen. Damit ist am Werbemarkt natürlich eine andere Situation entstanden.

Auch was unmittelbar den Konsumenten betrifft, gibt es natürlich eine andere Situa­tion – die Auswahl ist eine größere geworden. Ich habe eine Antenne. Ich kann zwi­schen über 2 000 Kanälen auswählen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Keine Sorge, ich habe nicht die Zeit, um auch nur einen Bruchteil davon auszunützen.

Aber entsteht nicht manchmal auch bei Ihnen der Wunsch, sich an irgendetwas Öster­reichischem anhalten zu wollen, wenn man diese vielen Kanäle über Kabel oder Anten­ne hat und diese vielen deutschsprachigen Sender aus Deutschland hier in Österreich empfangen kann? Man braucht doch einen Kanal, der österreichische Kultursignale aussendet, der österreichische Kulturidentität zum Ausdruck bringt. Das muss es doch wert sein, dass man sich darum bemüht, dass der ORF auch in Zukunft hand­lungsfähig, programmfähig, produktionsfähig bleibt. Das war die Aufgabe.

Das war die Aufgabe des ORF, der in einem handlungsfähigen Stiftungsrat mit großen Mehrheiten Sparprogramme und Strukturreformprogramme beschlossen hat. Aber zu­gleich ist das auch die Aufgabe der Politik, die sich hingesetzt hat und in Fünf-Parteien-Gesprächen, die sehr gut, sehr konstruktiv gelaufen sind, versucht hat, eine Lösung zu finden. Sie hat auch im Verfassungsausschuss einen Fünf-Parteien-, sprich: einstim­migen, Abänderungsantrag beschlossen, wodurch die Struktur geschaffen wurde, die darüber wacht, was mit den Geldern geschieht, die der ORF zusätzlich zur Unterstüt­zung seines Sparprogrammes und Strukturreformprogrammes bekommen soll.

Und es wird ja oft kritisiert – manchmal sogar zu Recht – dass sich die Politik zu viel um diesen öffentlich-rechtlichen ORF kümmert. Zugleich ist es aber die Aufgabe der Politik, im gesamten Medienbereich eine ordnungspolitische Funktion zu erfüllen.

Deswegen hat es einen Dialog gegeben, in dem natürlich auch die Zeitungsherausge­ber mit einbezogen waren – das erklärt auch, warum der Generalsekretär des Ver­bands Österreichischer Zeitungen, kurz: VÖZ, Grünberger, den ich herzlich begrüße, heute anwesend ist. Dieser Dialog findet statt zwischen ORF, VÖZ, Politik und all den­jenigen – weil wir uns eben zum dualen System bekennen –, die im privaten Bereich, im privaten elektronischen Printbereich, tätig sind und die diese Tätigkeit auch entfalten können sollen. Deswegen haben wir ja auch immer erklärt, dass es die Medienförde­rung geben soll und dass sie auch für diese Privaten erhöht werden soll.

Nun, wir haben dazu sehr wichtige und konstruktive Gespräche und Verhandlungen geführt, die von dem Wunsch getragen waren, dass das hier eine breite Mehrheit be­kommt. Im Moment habe ich den Eindruck, dass es drei Parteien sind, aber es ist ja noch Zeit bis zur Abstimmung. Ich hoffe, dass die Zweidrittelmehrheit, die wir brau­chen, gesichert ist, vor allem deshalb, weil es um die Einsetzung einer weisungsunab­hängigen Medienbehörde geht.

Für die Zuschauerinnen und Zuschauer sei gesagt: Ein Teil des Geldes, das dem ORF seit 1999 durch eine Gebührenbefreiung einzelner Teilnehmer aus sozialen Gründen per Gesetzgeber genommen wird, wird ihm per Gesetzgeber für vier Jahre – zweimal 50 Millionen, zweimal 30 Millionen – gegeben, um das Struktur- und Sparkonzept wei­terführen zu können, und dadurch seine Leitmedienfunktion noch erfolgreicher erfüllen zu können.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite