Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 82

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Aber es gibt mehr als die Quote und noch viele andere Dinge, die neben der Quote eine Rolle spielen und für Frauen und Männer, eben was die Sendungsinhalte betrifft und das, wie der ORF in Erscheinung tritt, wichtig sind. Da möchte ich ein Beispiel bringen: Es gab letztes Jahr eine große Enquete hier im Plenarsaal zum Thema „Frauen in der Po­litik“. Diese Enquete war medial sehr gut repräsentiert, es wurde viel in den Medien da­rüber berichtet – außer im ORF. Dem ORF war das eine kurze Nachricht wert. Viel­leicht gab es noch ein bisschen etwas darüber auf Ö1, aber es gab keine Diskussions­sendung zu dem Thema, kein „im ZENTRUM“, keinen „Club 2“. Ein Thema, das ge­nügend Diskussionsstoff, nämlich auch genügend Stoff für eine Enquete, hergegeben hat, war dem ORF keine Sendung wert. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kopf: Das ist ja live übertragen worden!)

Das zeigt, dass die Sendungsverantwortlichen offensichtlich noch nicht genügend sen­sibilisiert sind, dass es da Nachholbedarf gibt und es noch immer eine sehr männlich dominierte Sendungsverantwortung gibt.

Man sieht es auch jeden Sonntag in der Sendung „im ZENTRUM“: Bestenfalls sieht man eine Quotenfrau dort sitzen, neben vier, fünf Männern und einer Moderatorin. Dann kommt es auch darauf an, welche Rolle dieser Frau zugeschrieben wird, wie viel diese Frau reden darf. Da ist also von einem entsprechenden Geschlechterverhältnis noch kei­ne Rede.

Ich möchte auf noch etwas hinweisen. 10 Prozent der Menschen, die in Österreich le­ben, haben einen Migrationshintergrund. Diesen Menschen wird sehr oft vorgeworfen, dass sie fremdsprachige Sender sehen und nicht genügend deutsche oder österreichi­sche Programme schauen. Das ist nicht weiter verwunderlich, werden doch die Pro­gramme, die vor allem für sie gemacht sind, zu Sendezeiten gezeigt, zu denen man einfach nicht fernsehen kann, wenn man ein arbeitender Mensch ist, der etwas zu tun hat und nicht nur fernsehen kann. Das heißt, es muss noch viel im Sinne von Diversität getan werden, um diesen Menschen, nämlich 10 Prozent, die ORF-Gebühren zahlen, zu entsprechen.

Da möchte ich noch auf eines hinweisen, wo der ORF schon wieder frisch-fröhlich da­bei ist, wie ein Privater zu agieren. Es gibt eine neue Casting-Show, die heißt „Helden von heute“. In dieser Casting-Show bewerben sich junge Menschen, die motiviert sind, die Lust haben, ihr musikalisches Talent auf die Probe zu stellen. Wenn sie da mit­machen und eine Art Knebelvertrag unterschreiben, verkaufen sie alle ihre Rechte an den ORF, sogar die Rechte, ihre eigene Musik auf ihrer Homepage oder sonst wo zu publizieren. Das ist nicht einzusehen, und das ist völlig irreführend, auch wie es in der Ausschreibung formuliert ist. Ich möchte ganz dringend darauf hinweisen, dass der ORF da wieder von seinem öffentlich-rechtlichen Auftrag abrückt und dass da gegengesteu­ert werden sollte. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte.

 


12.50.05

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Eine halbe Mil­liarde € kostet uns der ORF über die Zwangsbeiträge jedes Jahr, und jetzt sollen noch einmal 160 Millionen € dazukommen. Im Vergleich dazu kann man sagen, die privaten Sender kosten uns praktisch nichts. Wenn man sich überlegt, dass diese halbe Mil­liarde einzig und allein dafür da sein soll – was man hier so hört –, den öffentlichen Auftrag zu erfüllen, dann müssen wir uns doch endlich einmal diesen öffentlichen Auf­trag etwas genauer ansehen; ich habe mir das angesehen.

Da steht zum Beispiel unter Punkt 2, dass der ORF Informationsleistungen erbringen muss, die auch dem Bildungsangebot Rechnung tragen, die Orientierungshilfe in prakti-


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