Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 89

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13.13.47

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wir haben im Ausschuss diesen An­trag abgelehnt und werden heute unser Stimmverhalten im Sinne der Ausschussfest­stellung wiederholen.

Herr Kollege, nur ganz kurz. Der Verfassungsgerichtshof ist ein hochfunktionelles Staats­organ, das in acht Monaten durchschnittlicher Entscheidungszeit seine Entscheidun­gen trifft, auf Basis höchster Qualität, und es gibt in diesem Zusammenhang überhaupt keinen Bedarf einer Änderung.

Das, was nicht ganz verständlich war, war seinerzeit die Erklärung des Herrn Präsiden­ten Korinek, der dargelegt hat, dass der Verfassungsgerichtshof noch viel mehr Cau­sen – das war die Frage Asyl, Fremdenrecht – übernehmen könnte, was jetzt einge­treten ist und wo es in der Tat Engpässe gibt. Aber die können sicherlich anders auch behoben werden. Nicht zuletzt auch durch die gesamte Gesetzgebung, durch den Asylgerichtshof, findet hier sicherlich eine erhebliche Verbesserung statt.

Wichtig ist auch die Repräsentanz im Verfassungsgerichtshof, nämlich dass auch die freien Berufe, die Rechtsanwälte vertreten sein sollten. Das steht völlig außer Streit. Diesbezüglich kenne ich eigentlich bis dato keinen einzigen Vorschlag, der diesbezüg­lich eine Änderung vorsieht, außer Ihren jetzt. Faktisch ist es nämlich, wenn Sie hier eine Permanenzerklärung durchführen, für jeden Freiberufler völlig unmöglich, im Ver­fassungsgerichtshof tätig zu sein. Und das heißt, dass Sie diesen Berufsstand, diese Be­rufsart ausschließen.

Der Gerichtshof ist natürlich ein politisch besetztes Organ, das so besetzt wird, dass al­le relevanten Größen und unterschiedlichen Gruppierungen im Staat repräsentiert wer­den sollen, und daher auch das Vorschlagsrecht der Bundesregierung, das Vorschlags­recht des Nationalrates und auch des Bundesrates zu einer Besetzung.

Ich glaube also, die Abberufung des Präsidenten, weil es, wie Sie hier schreiben, nicht notwendig sei, dass er zu politischen Entwicklungen Stellung nimmt, geht in zweierlei Hinsicht am Punkt vorbei. Einerseits ist es natürlich so, dass der Verfassungsgerichts­hof politische Entwicklungen zu kommentieren, zu entscheiden hat, und daher ist voll­kommen klar, dass jede Äußerung, jede Entscheidung eine politische Relevanz hat.

Herr Kollege, ich weiß nicht, ob Sie da jetzt die Ortstafelentscheidungen vor Augen ha­ben oder was auch immer – das wird ja im Antrag nicht ausgeführt –, aber Tatsache ist jedenfalls, dass es völlig unerquicklich ist und absolut sinnlos, von einer zusätzlichen Abberufung durch die Politik zu reden. Es gibt an sich eine Bestimmung, und zwar ist das der § 10 Verfassungsgerichtshofgesetz, wo das Organ, der Verfassungsgerichts­hof selbst, den Präsidenten abberufen kann, wenn sich herausstellt, dass für diesen einerseits die Erfordernisse nicht mehr vorliegen, oder er sich in einer Art und Weise verhält, wie sie dem Wesen des Verfassungsgerichtshofes nicht entspricht. Wenn Sie das jetzt herausnehmen und in die Politik setzen wollen, ist das eigentlich nicht ganz nach­vollziehbar.

Ich habe draußen in den Couloirs ein ganz interessantes Gespräch gehört, wonach es hier eigentlich eher darum geht, dass sich die Gruppe Strache, Kickl und Stefan auf diese Art und Weise – und insofern, finde ich, ist das wieder eine relativ humoristische Untermalung des Ganzen; wir hatten das ja im Ausschuss auch schon besprochen – eigentlich gegen den Präsidenten Graf richtet und über Umwege über den Verfas­sungsgerichtshof die Diskussion Nationalratspräsident: Abberufung ja oder nein? meint.

Ich habe schon Verständnis für Ihre internen Auseinandersetzungen, aber ich würde mei­nen, dass wir hier einen Tagesordnungspunkt haben, bei dem es mehr oder weniger da­rum geht, Sie zu beraten. Etwas anderes ist es ja nicht, wie der Herr Kollege Pendl auch schon festgestellt hat. (Abg. Mag. Stefan: Also Sie sind dagegen?)

 


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