Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll72. Sitzung, 7. Juli 2010 / Seite 82

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Wir wissen alle, dass unser Steuersystem heute große Ungerechtigkeiten zulässt, denn man kann ja auf unterschiedliche Weise Geld verdienen. Es gibt Menschen, die bei einer Jagdgesellschaft einen tollen Tipp bekommen, nämlich in Hypo-Aktien zu inves­tieren, und dann innerhalb von einem Jahr 200 000 € verdienen. Was ist deren per­sönliche Leistung gewesen, um diese 200 000 € zu verdienen? Zweimal zur Bank zu gehen: einmal einzahlen, einmal abheben – 200 000 € mehr haben! Was ist ihre Steu­erleistung? – Null! 200 000 € Einkommen, kein Euro Steuer!

Es gibt auch Menschen, die für ihr Geld arbeiten gehen – zirka 90 Prozent der Öster­reicherinnen und Österreicher müssen damit leben, dass sie arbeiten gehen müssen; es sind auch einige in Ausbildung und dergleichen, das darf man nicht vergessen. (Zwischenruf des Abg. Grosz.) Wenn jemand durch Hände- oder Kopfarbeit 200 000 € verdienen will, dann kann er das erstens nicht innerhalb von einem Jahr, sondern muss fünf bis zehn Jahre lang arbeiten gehen, jeden Tag, und zweitens zahlt er dafür zirka 100 000 €, also zirka 50 Prozent, an Steuern und Abgaben. Und dieses Verhältnis kei­ne Leistung/keine Steuer : hohe Leistung/extrem hohe Steuer darf einfach nicht sein.

Deswegen ist für uns wesentlich, dass auch im Budget klar drinsteht, dass wir zu mehr Steuergerechtigkeit kommen, dass jene, die ein hohes Einkommen haben, die Millio­nen verdienen und keine Steuern zahlen, genauso Steuern zahlen wie die Menschen, die arbeiten gehen für ihr Geld. Das ist für uns wichtig. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Situation auf dem Arbeitsmarkt, die Arbeitslosigkeit, auch das sind sehr wichtige Fragen für uns. Wir haben zwar in Österreich die zweitniedrigste Arbeitslosigkeit in Europa, und auch der Anstieg während der Krise war sehr gering – es hat sehr viele positive Maßnahmen dieser Bundesregierung gegeben: Kurzarbeit, wie schon erwähnt, Jugendausbildungsgarantie et cetera –, aber die Arbeitslosigkeit ist trotzdem auf einem Rekordstand. Ja, sie sinkt seit wenigen Wochen, aber viel zu langsam. Entscheidend in diesem Zusammenhang wird auch sein, dass wir in diesem Budget erkennen, dass die Bundesregierung die Verantwortung ernst nimmt und eine Vielzahl von Maßnahmen erarbeiten wird – es gibt von den Experten viele gute Vorschläge, wie man mehr Be­schäftigung schaffen kann – und dass die Bundesregierung alles tut, um möglichst Be­schäftigung zuzulassen, um möglichst Beschäftigung in diesem Land zu fördern, damit die Arbeitslosigkeit wieder sinkt. (Beifall bei der SPÖ. – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Wenn ein Budget diese Voraussetzungen erfüllt, ist mir, ehrlich gesagt, egal, ob die Budgetrede am 20. Oktober oder am 1. Dezember gehalten wird. Wenn diese Inhalte drinnen sind, werden wir dem Budget zustimmen. Insofern erwarte ich mir von der Bun­desregierung, dass sie schaut auf Gerechtigkeit, darauf, wer für diese Krise bezahlt, und auf den Arbeitsmarkt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.58


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Klubobfrau Dr. Glawischnig-Piesczek. – Bitte.

 


11.58.30

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! In Konsequenz aus dem letzten Satz, in dem Kollege Krainer gemeint hat, ihm sei es eigentlich egal, ob das Budget am 22. Oktober oder am 1. Dezember vorgelegt wird, würde ich emp­fehlen, dass die Abgeordneten der Regierungsfraktionen eine neue Bundesverfassung vorlegen, in der in Artikel 1 zur Geltung kommt:

Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus. Alle sind ver­pflichtet, sich an die Gesetze zu halten – mit Ausnahme der österreichischen Bundes­regierung.

 


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