Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll72. Sitzung, 7. Juli 2010 / Seite 133

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tun. Aber jedem, der heute kritisiert und gemeint hat, dem Missbrauch seien Tür und Tor geöffnet, muss ich sagen: Wir werden alles daransetzen, dass Missbrauch eben verhindert werden kann, dass die Menschen in erster Linie in Beschäftigung gebracht werden und dass jemand, der lange Zeit zu Hause war, wieder in den Arbeitsprozess zurückgeführt wird.

Ich möchte aber, was die Debatte um soziale Transfers, Sozialleistungen oder auch Leistungen des Staates an ärmere Bevölkerungsschichten betrifft, auf eines hinweisen: Bei der Enquete zur Verteilungs- und Leistungsgerechtigkeit im Jänner dieses Jahres war auch ein Vertreter der Armutskonferenz hier, und der hat gesagt: Es ist nicht si­cher, dass, wenn es hohe soziale Transfers in einem Land gibt, dadurch weniger Men­schen in Armut fallen. Das heißt, das, was wir brauchen, ist wirklich Treffsicherheit für Sozialtransfers.

Der Rechnungshof hat bemängelt, dass beispielsweise gerade in Wien das Sozialsys­tem durchaus für Missbrauch anfällig ist und dass es teilweise auch nicht treffsicher ist. Daher ist die Forderung unseres Vizekanzlers Josef Pröll, die er im Oktober des ver­gangenen Jahres erhoben hat, dass wir sehr wohl darauf schauen müssen, wohin die sozialen Transfers gehen, welche Doppelgleisigkeiten es gibt, wo es Verquickungen gibt, und dass auch jeder Mensch weiß, was er vom Staat bekommt, wenn er selbst in den Steuertopf eher weniger oder vielleicht gar nichts einzahlt.

Eines muss man schon sagen: Alles, was wir beschließen – da gebe ich dem Herrn Kollegen Lugar recht, aber nur in diesem einen Punkt –, auch zur Unterstützung von ärmeren Menschen und von Menschen, denen es nicht so gut in der Gesellschaft geht, muss irgendjemand auch bezahlen und muss irgendwie aufgebracht werden. Das muss durch die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler aufgebracht werden.

Deshalb muss sich auch niemand vor Transparenz fürchten, denn jeder Steuerzahler und jede Steuerzahlerin sollen wissen und Gewissheit haben, dass bei den Transfer­leistungen, die über seine Steuergelder wieder an Ärmere und Bedürftige oder an Fa­milien gehen, kein Missbrauch besteht und dass es da Transparenz gibt.

Wir fürchten uns nicht vor Transparenz, nicht bei Unternehmern, Bauern und Arbeit­nehmern, denn wir wollen, dass die sozialen Transfers in Zukunft auch für Familien treff­sicher sind und nicht missbraucht werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

15.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Hübner kommt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.19.35

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Kollegin Tamandl hat sehr richtig gesagt, dass wir uns vor Transparenz nicht fürchten sollen, dass wir sogar Transparenz leben müssen als Maßstab unseres politi­schen Handelns. Zur Transparenz gehört aber vorab einmal Ehrlichkeit bei der Fas­sung und Diskussion eines Gesetzes, und die habe ich auch seitens der ÖVP bis jetzt vermisst.

Es gibt da viele Dinge, die falsch dargestellt und argumentiert werden. Beginnen wir mit dem Titel dieses Gesetzes: Es sollte eine sogenannte bedarfsabhängige Mindestsi­cherung sein. Das ist es aber nicht, sondern es ist der klassische Grundlohn. Es ist das Grundeinkommen, das Sie zwar zu Recht ablehnen, das sich aber da wiederfindet. Das finden Sie nicht nur im Gesetz, wenn Sie es klarlegen, sondern es gibt diese Pau­schalzahlung von derzeit 744 € – da gibt es dann noch Zu- und Abschläge, aber es gibt prinzipiell diese von anderen Dingen völlig unabhängige Grundsicherung von 744 €. (Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.) – Ob das richtig oder falsch, gut und in Ord­nung ist, ist eine andere Frage, aber es gibt sie nun einmal.

 


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