Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll73. Sitzung / Seite 20

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13.23.44

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Frau Präsidentin! Ich danke Herrn Neugebauer für seine sachliche Information darüber, was wir heute hier be­schließen. Dadurch kann ich meine Ausführungen in den sozusagen technisch-juristischen Fragen sehr kurz halten.

Zu Beginn meiner Rede möchte ich betonen, dass ich das für eine ziemlich elegante Umsetzung des Lissabon-Vertrages in die nationalen Gesetze, in die Verfassungs­gesetzgebung halte. Unser besonderer Dank dafür gebührt den betroffenen Mitar­beiterinnen und Mitarbeitern, ReferentInnen der Klubs beziehungsweise der Parlamentsdirektion. (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)

Ich sage das auch deswegen, weil mich die Materie sehr interessiert hat, ich aber auch sehr dankbar dafür war, dass ich das Verhandeln der juristischen Feinheiten an andere delegieren konnte. Auf unserer Seite – ich möchte, dass das einmal im Protokoll steht – waren das in erster Linie Frau Dr. Marlies Meyer und Herr Dr. Peter Steyrer, aber pars pro toto, das Gleiche gilt für alle anderen, die daran mitgearbeitet haben.

Ich habe seinerzeit, als ich in Berlin war, zum ersten Mal ein gewisses Gefühl dafür entwickelt, dass Mathematiker, wenn sie einen Beweis führen, es nicht nur für wichtig halten, dass er richtig ist, sondern dass er auch gewisse ästhetische, elegante Facetten aufweist. Und insofern glaube ich behaupten zu können, durch die inzwischen langjährige Erfahrung hier im Parlament, dass das auch auf diesen Text zutrifft, dass er nicht irgendwie zusammengeschustert ist, sondern wohl überlegt und sehr durchdacht.

Es fehlt mir jetzt die Zeit, auf die Vorgeschichte des Ganzen einzugehen, aber eines sollte man noch ergänzend betonen zu dem, was Herr Neugebauer gesagt hat, oder noch einmal betonen: Es geht da um Rechte des Parlaments! Ich finde, es ist geradezu ein emanzipatorischer Akt des Parlaments, des Nationalrates und des Bundesrates, den wir vor uns haben, der sich auch in einer Kleinigkeit äußert, wenn Sie so wollen, die ich aber symbolisch für sehr wichtig halte: Zum ersten Mal – meines Wissens zum ersten Mal – wird es dem Parlament, dem Nationalrat ermöglicht, eine Mitteilung direkt an europäische Organe zu richten. Direkt! Ich habe es oft peinlich vermisst, dass wir hier im Parlament – nennen wir es so – keine Resolutionen fassen können, denn der Antrag lautet immer: der Bundeskanzler wird aufgefordert, die Bundesregierung wird aufgefordert. Diese Sachen werden sozusagen immer über die Bundesregierung vermittelt. – Da nicht! Da kann der Nationalrat direkt dem Europäischen Parlament, der Kommission oder dem Rat seine Meinung, seine Auffassung über eine bestimmte Problemlage mitteilen.

Zweitens, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, ein bisschen wundert es mich schon – nein, es wundert mich nicht, aber ich darf Sie daran erinnern: Es gibt eine heikle Bestimmung in diesem Lissabon-Vertrag, auf die Sie unermüdlich hingewiesen haben, die Brückenklausel beziehungsweise die Passerelle-Bestimmungen, die Mög­lichkeit, durch Beschlüsse des Europäischen Rates den Vertrag weiterzuentwickeln. Und dem muss ein Pendant auf nationaler Ebene gegenüberstehen: Vetorechte des Parlaments, Genehmigungsvorbehalte des Parlaments. Genau das wird da geregelt, und das lehnen Sie durch Ihre pauschale Ablehnung ab. (Abg. Strache: Wo gibt es ein Vetorecht?)

Es kann ja sein, dass diese Bestimmungen in der Praxis keine große Bedeutung haben werden ... (Abg. Strache: Es gibt kein Vetorecht!) – Natürlich gibt es ein Vetorecht. (Abg. Strache: Wo?) Wenn Sie das nicht wissen, dann haben Sie das, was wir heute hier beschließen, nicht gelesen. (Abg. Strache: Wo?) Das wundert mich ja nicht. (Abg. Strache: Zitieren Sie daraus! Wo?) – Artikel 23i Absatz 2 enthält zum Beispiel ein


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