Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll73. Sitzung / Seite 38

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definiert, nicht das Völkerrecht!) Die Neutralität bleibt daher von den Bestimmungen zur Sicherheits- und Verteidigungspolitik im Vertrag von Lissabon unberührt, denn für die österreichische Neutralität ist es wesentlich, dass für alle europäischen Beschlüsse zur Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik weiterhin Einstimmigkeit vorgesehen ist. Über die Teilnahme an Aktivitäten im Rahmen des Krisenmana­gements werden wir daher wie bisher souverän entscheiden können. – Wir können daher Ihrem Antrag keine Zustimmung geben. (Abg. Scheibner: Das steht aber in dem Antrag gar nicht drinnen, Frau Kollegin! Haben Sie ihn nicht gelesen?)

Die Novelle betont, dass die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU und damit auch die Mitwirkung Österreichs daran der Wahrung und der Achtung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen verpflichtet ist. Diese Passage wollen Sie offensichtlich streichen – dem können wir nicht zustimmen.

Die Solidaritätsklausel im Vertrag von Lissabon ist nicht Bestandteil der Bestimmungen zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, daher ist ihre Einbeziehung in die Bestimmungen der Bundesverfassung, die letztendlich die Mitwirkung Österreichs an der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik regelt, abzulehnen. Der Vertrag von Lissabon sieht keine militärische Beistandsverpflichtung, sondern eben eine Solidaritätsverpflichtung bei Umweltkatastrophen oder im Fall eines terroristischen Angriffs vor, wie das auch im Gesetz steht. Daher können wir souverän entscheiden. Wir müssen Ihren Antrag also ablehnen.

Meine Damen und Herren, zur Lissabon-Begleitnovelle: Es ist schon gesagt worden, dass das ein sehr wichtiges Gesetz für Österreich und für die nationalen Parlamente ist, daher verstehe ich nicht ganz, dass die FPÖ da nicht zustimmt, denn Sie sind ja für mehr Mitbestimmung. Ich nehme an, Sie sind auch für mehr demokratische Kontrolle und für mehr Transparenz.

Erstmals erhält das Parlament aber auch die Möglichkeit, europäische Gesetzes­vorschläge direkt zu überprüfen, nämlich durch die Subsidiaritätsrüge, die ja auch schon erwähnt wurde. Herr Kollege Hübner, Sie haben gesagt, das alles sei nur Schall und Rauch oder sonst etwas, das bringe nichts. – Das glaube ich nicht! Ich glaube, dass die Rüge dem Parlament durchaus ein Instrument in die Hand gibt, mit dem es auch ganz wichtigen, notwendigen politischen Druck erzeugen kann, wenn es um Kompetenzüberschreitungen der EU geht. – Als letztes Mittel gibt es ja dann noch die Klage.

Was aber, wie ich denke, auch neu und sehr spannend ist, ist dieser verstärkte Dialog mit Europa. Die neuen Möglichkeiten der nationalen Parlamente brauchen ein neues Umfeld, sie brauchen eine neue Form der Zusammenarbeit. Die europäischen Institutionen – besonders die Europäische Kommission – suchen verstärkt den Dialog mit den nationalen Parlamenten, um bereits im Vorhinein das Terrain zu sondieren, um zu schauen, wie weit wir gemeinsam neue Gesetzestexte, neue Gesetze erarbeiten könnten.

Bisher konnte das österreichische Parlament nur im Wege von Ausschussfest­stellun­gen an diesem Dialog teilnehmen. Jetzt, mit Inkrafttreten der Lissabon-Begleitnovelle, wird ein neues Instrument, die sogenannte Mitteilung, geschaffen, mit dem sich das Parlament aktiv an der europäischen Politik – etwa mit eigenen Vorschlägen – beteiligen kann, denn je früher ein Parlament sich zu europäischen Vorhaben äußert, desto größer ist die Chance, tatsächlich Einfluss auf neue Rechtsakte zu haben.

Was – zu guter Letzt – wie ich denke auch interessant ist, ist die neue Vernetzung der nationalen Parlamente untereinander. Ein verstärkter Dialog, eine verbesserte Kom­munikation wird dazu beitragen, ein besseres Verständnis für die anderen Länder, für


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