Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll75. Sitzung / Seite 73

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gen wird können, dass nicht der einzige Grund für die Verschiebung dieses Budgets in den beiden Wahlgängen im September und im Oktober dieses Jahres liegt. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten ohne Fraktionszugehörigkeit. – Abg. Silhavy: Das ist ja unglaublich!)

Und wer etwas anderes erklären will, der unternimmt einen Versuch, als würden die BP-Manager sagen, der ganze Dreck im Golf von Mexiko hat nichts mit dem Bohrloch ihrer Ölfirma zu tun. – Genau an so eine Vorgangsweise erinnert mich das, was Sie heute hier geboten haben.

Man müsste einmal ein bisschen Gewissenserforschung betreiben, wenn es überhaupt noch einen Sinn macht, nach so etwas zu forschen, aber ich unternehme zumindest den Versuch, und vielleicht können Sie sich noch an diesen Tag erinnern, Sie alle, die Sie da oben sitzen. Ich glaube, im Dezember 2008 war es, als Sie vollgepumpt mit Adrenalin – der eine, weil er seinen innerparteilichen Gegenspieler Molterer abmontiert hat, der an­dere, weil er endlich den Gusenbauer los war – durch die Tapetentür beim Bundesprä­sidenten gekrochen sind und dort einen Eid auf eine Verfassung abgelegt haben.

Ich zitiere Ihnen jetzt, worauf Sie da Ihren Eid abgelegt haben; Sie werden sich daran er­innern:

„Sie“ – nämlich alle, wie Sie da oben auf der Regierungsbank sitzen – „werden im Sin­ne des Artikel 72 des Bundes-Verfassungsgesetzes geloben, die Bundesverfassung und alle Gesetze der Republik Österreich getreulich zu beobachten und die mit Ihrem Amte verbundenen Pflichten nach besten Wissen und Gewissen zu erfüllen.“ (Abg. Silhavy: Wieder mäßigen! Abg. Dr. Jarolim: Wir sind nicht ...!)

Sie haben alle Ja gesagt; Sie alle haben Ihr Gelöbnis auf diesen Satz abgegeben, und das, was Sie machen, zeigt, dass Sie sich darum überhaupt nicht kümmern (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten ohne Klubzugehörigkeit), dass Ihnen das alles im wahrsten Sinn des Wortes wurscht ist, nur weil Sie die magische Datumsgrenze des 10. Oktober 2010 irgendwie überschreiten wollen. – Das ist doch der einzige Hintergrund, um den es hier und heute geht!

Aber es heißt ja nicht umsonst, meine Damen und Herren, es ist nicht der Eid, der den Wert des Mannes ausmacht, sondern es ist der Mann, der den Wert des Eides aus­macht, und wenn man es an dem misst, dann haben Sie in dieser Angelegenheit völlig versagt, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten ohne Klubzugehörigkeit.)

Inzwischen weiß ganz Österreich – und leider nicht nur im Zusammenhang mit der Fra­ge der Verschiebung der Budgetrede, sondern da hat es schon andere Fälle gegeben, anlässlich derer wir das gesehen haben –, was Sie von der Verfassung halten.

Sie wissen, dass Sie und Ihr, sagen wir es einmal so, Koalitionskomplize, der Herr Bun­deskanzler, mit dieser Verfassung eigentlich nichts am Hut haben – wurscht, was Sie drunterschreiben, und wurscht, was Sie dazu sagen. Sie biegen und brechen dieses Ding nach Belieben.

Auf der einen Seite ist es eine Art eiserner Schutzschirm, den Sie dann drüberstülpen, wenn es darum geht, Ihre Proporz-Spielwiesen für Postenschacher und für Privilegien – Stichwort Sozialpartnerschaft – zu schützen. Da ist Ihnen die Verfassung heilig! Und auf der anderen Seite behandeln Sie die Verfassung wie Plastilin oder wie einen Teig, den Sie beliebig kneten können, wenn es nämlich darum geht, die Interessen der Bevölke­rung zu schützen. Das erleben wir jetzt da beim Budget, und das haben wir übrigens auch in der Frage der EU-Verfassung schon einmal erlebt.

Das ist ein fahrlässiger Umgang mit der Verfassung, und ich sage Ihnen, Sie sollten sich an der Nase nehmen, weil Sie damit ein ganz, ganz schlechtes Beispiel für die Bevölke-


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