Begründung:
„Die Bundesregierung hat dem Nationalrat den Entwurf eines Bundesfinanzgesetzes für das folgende Finanzjahr spätestens zehn Wochen vor Beginn jenes Finanzjahres vorzulegen, für das ein Bundesfinanzgesetz beschlossen werden soll.“ (Art. 51 Abs. 3 B-VG)
Die österreichische Bundesverfassung regelt demnach klar und eindeutig, dass die Bundesregierung verpflichtet ist, dem Nationalrat spätestens am 22.10.2010 ihren Budgetentwurf vorzulegen.
Diese verfassungsrechtliche Verpflichtung ignorierend teilten Bundeskanzler Faymann und Finanzminister Pröll der Präsidentin des Nationalrates Anfang Juli in einem Brief mit, dass die Bundesregierung beabsichtige, den Budgetentwurf dem Nationalrat erst am 9.12.2010 vorzulegen. Begründet wurde dies gleichsam lapidar wie fadenscheinig mit „komplexen und umfangreichen Vorarbeiten“ bedingt durch die Notwendigkeit der Budgetkonsolidierung und die „konjunkturellen Entwicklungen“.
„Komplexe und umfangreiche Vorarbeiten“ sind freilich bei jeder Budgeterstellung nötig. Und dass die „konjunkturellen Entwicklungen“ bei der Budgeterstellung Beachtung finden, sollte ebenso alljährlich eine Selbstverständlichkeit sein.
Die tatsächlichen Gründe für die verspätete Budgetvorlage liegen freilich ganz wo anders. Die Bundesregierung will schlichtweg verhindern, dass ihre für den Herbst geplanten milliardenschweren Belastungspakete vor den anstehenden Landtagswahlen in der Steiermark und in Wien publik werden. Der geplante massive Sozialabbau sowie die zu erwartenden Steuererhöhungen sollen erst dann öffentlich thematisiert werden, wenn die Urnengänge bereits entschieden sind. Das ist ein Paradebeispiel politischer Feigheit.
Dass für einen derartig dreisten Versuch einer plumpen WählerInnen-Täuschung aber auch ein glatter Verfassungsbruch in Kauf genommen wird, hat nicht nur in den Reihen der Opposition für Empörung gesorgt:
Dass die Regierung die Vorlage des Budgets verschieben will, sei nicht nur „verfassungswidrig“, sondern auch eine „Missachtung des Parlaments“, vor allem, wenn man die Verschiebung schon jetzt verkünde, meinte etwa der Verfassungsrechtsexperte Theo Öhlinger. Sein Kollege Heinz Mayer bezeichnete die Rechtslage als „klar und deutlich“ und die geplante Vorgangsweise der Bundesregierung als „verfassungswidrig“. Auch Verfassungsexperte Bernd-Christian Funk meinte, eine Vorlage am 9. Dezember entspreche „nicht den Ordnungsvorschriften der Verfassung“.
Auch Bundespräsident Heinz Fischer fand klare Worte und verwies auf die Verfassungsbestimmung, wonach der Haushaltsentwurf „spätestens 10 Wochen vor Ablauf des Finanzjahres“ vorzuliegen hat. „Bei dieser Bestimmung handelt es sich um keine Ermessensbestimmung“, sagte der Bundespräsident, „sondern um eine Ordnungsbestimmung, die auch dadurch nicht aus der Welt geschaffen wird, dass die Verfassung Vorkehrungen für den Fall trifft, dass der Budgetentwurf nicht fristgerecht vorliegt.“ Die Bundesregierung sei daher weiterhin verpflichtet, sich um eine rechtzeitige Vorlage des Bundesfinanzgesetzes für das Jahr 2011 zu bemühen.
Nationalratspräsidentin Prammer bezeichnete die von der Regierung angestrebte Lösung als „unsauber und „wenn man will bedenklich“. Es könne auch nicht so sein, dass man den 10-Wochen-Paragrafen nur einhalte, wenn es einem gerade passe, und man sonst auf den Notfallparagrafen zurückgreife, mit dem die Koalition die Verfassungskonformität begründet.
Aber auch andere Vertreter von SPÖ und ÖVP kritisierten die Pläne ihrer eigenen Parteien:
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