Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll75. Sitzung / Seite 96

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Würden wir Ihr Prinzip auf die Gesamtbevölkerung ausweiten, dann hätten wir – unter Anführungszeichen – „griechische Verhältnisse“. Das ist vielleicht ein etwas unfairer Be­griff, aber jeder weiß, wie die Steuermoral in Griechenland war!

Sie provozieren, indem Sie sich über die Verfassung beziehungsweise über die Ge­schäftsordnung hinwegsetzen, einen Verfall der diesbezüglich sehr hohen Kultur in Ös­terreich! Sie leben doppelte Standards: Gesetze für mich und Gesetze für die Bevölke­rung. (Beifall bei den Grünen.)

Ich versuche verzweifelt nachzuvollziehen, was Sie damit meinen, wenn Sie sagen: Die wirtschaftliche Situation ist so schwierig! – Ich glaube, dass die wirtschaftliche Situation für einen Gewerbetreibenden, für einen Kleinunternehmer, aber auch für große Unter­nehmen, die vielleicht im internationalen Wettbewerb stehen und exportorientiert sind, genauso schwierig ist! Aber von diesen erwarten Sie trotzdem, dass sie fristgerecht die Steuern zahlen! Da wird kein Aufschub um ein paar Monate nach dem Motto zugelas­sen: Ist ja eh Wurscht! Das macht ja nichts!

Sie verlangen aber, dass wir genau das akzeptieren! So gehen Sie vor! Wir akzeptie­ren das aber jetzt nicht! Wir ziehen die einzige echte Konsequenz, die eine solche Vor­gangsweise nach sich muss. Wir stellen einen Misstrauensantrag. Das ist die klassi­sche Antwort eines Parlamentes für einen Finanzminister, der nicht imstande ist, die Ver­fassung einzuhalten.

Zu Ihren Ausflüchten, dass es ja doch geht und dass es in der Verfassung Notvarian­ten gibt, sage ich: Die Budgeterstellung ist ein wichtiges Thema. Selbstverständlich gibt es Notvarianten, wenn sich ein Finanzminister oder eine Regierung nicht an die Regeln halten. Wenn man aber daraus schließt, dass man daran nicht gebunden ist, dann be­deutet das einen echten Sittenverfall in dieser Bundesregierung, für welchen Sie ver­antwortlich sind! (Beifall bei den Grünen.)

Die Bevölkerung weiß, dass die Zeiten schwierig sind. Die Bevölkerung hat all das mit­verfolgt. Jeder weiß, dass die wirtschaftliche Situation letztes Jahr und heuer nicht ein­fach war und ist, und die Bevölkerung weiß auch ohne Ihre millionenteuren Plakatkam­pagnen, dass Einsparungen notwendig sein werden. Ich meine aber, dass es das gute Recht der Bevölkerung ist, dass sie Transparenz und Klarheit darüber erhält, welche Be­reiche tabu sind und in welche Bereichen investiert wird.

Die Deutschen investieren jetzt im Bildungsbereich trotz Sparpaketen 15 Milliarden € zusätzlich. Wie sieht das bei uns aus? – Unsere Bildungsministerin kann nicht einmal mehr auf die Regierungsbank kommen, weil sie vor lauter Dolchen im Rücken nicht mehr gehen kann, die ihr die Landesfürsten und die Föderalismuspartei ÖVP jeden Tag und jede Woche in den Rücken gejagt haben! (Beifall bei den Grünen.)

Es geht schon lange nicht mehr um Reformen oder um irgendwelche inhaltlichen Fra­gen, sondern es geht ausschließlich darum, politisch irgendwelche Pfründe beziehungs­weise Strukturen, Macht und Kompetenzen im Streit mit den Landeshauptleuten abzu­sichern! Das ist Ihr wahres Problem, deswegen kommen Sie nicht weiter!

Eine Frage möchte ich Ihnen stellen, und ich werde mich dann umdrehen und Ihnen in die Augen schauen: Gäbe es keine Landtagswahlen in Wien und in der Steiermark, wür­de das Budget dann auch verschoben werden? (Die Rednerin dreht sich zur Regie­rungsbank um und schaut Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll an. – Beifall bei den Grünen.)

Ich glaube, das Lächeln hat für sich gesprochen! Ich hoffe, dass die Fernsehkamera das eingefangen hat! (Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Sie sprechen immer davon, dass Sie die Leistungsträger schützen wollen. Sie spre­chen von Leistungsfähigkeit, Sie stellen sich aber keiner Diskussion, wer in Österreich wirklich die Leistungsträger und vor allem auch Leistungsträgerinnen sind und wie man auch für diese mehr Gerechtigkeit schaffen kann!

 


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