Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll77. Sitzung / Seite 71

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Ulmer in Wien für Frau Marek den Wahlkampf macht, der seinerzeit im Kabinett von Innenminister Strasser war. Die ÖVP glaubt, auf diese Art Stimmen zu gewinnen. Das ist nicht unsere Art, aber wir nehmen das zur Kenntnis. Wenn sich Blau und Schwarz auf diese Weise gegenseitig an die Brust werfen, nehme ich das zur Kenntnis.

Herr Amon, aber eine persönliche Bemerkung: Speziell in Ihrem Referat – von Frau Fekter sind wir das ja auch schon gewöhnt – wird immer alles durcheinandergemischt: Asylverfahren, Migrationspolitik, wirtschaftliche Migration (Abg. Kopf: Nein, nein! Alles sauber differenziert!) und Kriminalität in allen ihren Schattierungen.

Wenn Sie dann sagen – was ja richtig ist –, dass speziell in Wien viele Menschen mit Migrationshintergrund leben, dann ist das, für sich genommen, natürlich vollkommen korrekt. Einen solchen Menschen sehen Sie jetzt gerade hier vor sich. Ich bin einer dieser Typen – wie heißt das im Jargon? – der ersten Generation von Neo-Öster­reichern. Ich habe es echt satt, dauernd mit Kriminellen in einen Topf geworfen zu werden. Was soll das? Was soll das? (Beifall bei den Grünen.) Wir haben Hun­dert­tausende von Leuten in Österreich, die sehr gut integriert sind, die ihre Steuern zahlen et cetera. Und ich bin einer von denen, behaupte ich. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Immer in diesem Zusammenhang. Mir geht das echt auf die Nerven. (Zwischen­bemerkung von Bundesministerin Dr. Fekter.)

Frau Ministerin Fekter, wir brauchen ein gemeinsames Asylrecht und so weiter, haben Sie ziemlich lang ausgeführt. – Ja, ja, eh! (Abg. Amon: Auf Europa-Ebene!) Auf Europa-Ebene? Das ist ja geltendes Primärrecht. Das wissen Sie hoffentlich genauso gut wie ich. Artikel 61 Lissabon-Vertrag – ich zitiere –:

Die Union „stellt sicher, dass Personen an den Binnengrenzen nicht kontrolliert wer­den, und entwickelt eine gemeinsame Politik in den Bereichen Asyl, Einwanderung und Kontrollen an den Außengrenzen, die sich auf die Solidarität der Mitgliedstaaten gründet und gegenüber Drittstaatsangehörigen angemessen ist.“

Das ist geltendes Primärrecht der Europäischen Union. Was das dann im Einzelfall heißt, das ist natürlich eine ganz andere Geschichte. Es ist geltendes Recht der Union, dass ein gemeinsames Asylsystem entwickelt wird in der Union. Im Prinzipiellen halte ich das auch für sinnvoll.

Nur, was heißt denn das dann im Fall von Malta, Frau Innenministerin Fekter? Ich meine, betreiben wir hier in Österreich die gleiche Kirchturm-Politik, die die Landes­hauptleute in Österreich betreiben, also wir gegenüber der Europäischen Union? – Es ist nun einmal so, dass Malta besonders viel an Flüchtlingsströmen zu bewältigen hat. (Bundesministerin Dr. Fekter: Aber Österreich auch!) Österreich auch, aber es hat doch nicht im Entferntesten die gleichen Probleme, die Malta hat. Und ich habe bis jetzt nicht vernommen, dass Österreich sich im Geringsten dafür interessiert, wie im Geiste der Solidarität – und das muss etwas Gemeinsames sein – mit solchen Prob­lemen umgegangen wird.

Und ein Letztes, Frau Ministerin: Die Quotenverteilungen sollen nicht diktiert werden von Brüssel. – Na, was soll das? Wir wissen ja ganz genau, dass die Kommission das nicht dekretieren kann. Es wird eine Ratssitzung geben, und dort müssen Sie sich entsprechend einsetzen, damit Sie entsprechend viele auf Ihrer Seite haben.

Ich hätte erwartet, dass Sie bei dem Thema „Aktuelle Entwicklungen der Asyl- und Migrationspolitik auf europäischer Ebene“ zum Beispiel etwas über die Auseinan­der­setzung zwischen Präsident Sarkozy und der Kommissarin Reding sagen – irgend­etwas! (Beifall bei den Grünen.) Mir ist keine einzige Bemerkung eines öster­reichischen Ministers oder einer Ministerin bekannt, die zu dieser Frage Stellung nimmt. Lesen Sie sich die Stellungnahme von Frau Reding durch, dann werden Sie


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