Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll77. Sitzung / Seite 143

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In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage gemäß § 93 Abs. 2 GOG dringlich zu behandeln.

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Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich erteile nun Frau Klubobfrau Dr. Glawischnig-Piesczek als Fragestellerin zur Begründung der Dringlichen Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte.

 


15.01.44

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Herr Finanzminister, Sie zwingen uns – da Sie stur daran festhalten, mit Anlauf die Verfassung zu brechen –, Sie heute hier neuerlich ins Gebet zu nehmen zu Ihrem Vorsatz, das Budget nicht verfassungs­konform fristgerecht vorzulegen. (Abg. Grillitsch: Ins Gebet?) – Ja, ins Gebet. Ich verwende jetzt bewusst christliche, katholische Ausdrücke, weil er sich damit vielleicht ein bisschen leichter tut. Wie gesagt, wir nehmen Sie heute neuerlich ins Gebet. (Ruf bei der FPÖ: Gebet ist nicht nur ...!)

Da wir bereits ungefähr wissen – wir kennen Sie ja jetzt aus den letzten Budget­diskussionen –, dass Sie ein bisschen zu Vernebelungsreden neigen und manche Dinge nicht zeitgerecht und auch offen und ehrlich ankündigen, wie zum Beispiel Steuererhöhungen, möchte ich gerne ein paar Fakten vorwegnehmen und eines gleich zu Beginn feststellen: Seit gestern ist Schluss! Seit gestern liegen nämlich die Daten, auf die Sie sich immer ausgeredet haben, dass Sie die Budgeterklärung erst nach dem 10., 11. Oktober, machen können, auf dem Tisch. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Das Wirtschaftsforschungsinstitut wird am Freitag seine September-Prognose veröf­fentlichen. Sie haben die Eckdaten schon, wir haben sie schon. Es gibt jetzt eigentlich keine einzige Ausrede mehr, warum Sie nicht unverzüglich ins Ministerium eilen und den Budgetentwurf erarbeiten (Abg. Großruck: Weil er da sein muss!) und es in vier Wochen schaffen, ihn auch tatsächlich vorzulegen. Das kann eigentlich kein Problem sein.

Trotzdem noch einmal zurück zur Faktenlage: Wir haben eine Prognose, die sehr viel optimistischer ist als noch im Juni. Grund dafür ist ein sehr gutes zweites Quartal. Österreich profitiert offensichtlich sehr stark vom deutschen Boom, vom Boom der Exportwirtschaft. Die Deutschen werden dieses Jahr real ein Wachstum von 3 Prozent haben. Allerdings – bevor Sie jetzt in die Jubelchöre ausbrechen, wie wir bereits befürch­ten – muss man noch etwas vorsichtig sein. Für das zweite Halbjahr wird es jedenfalls wieder zu einer leichten Abschwächung der Weltwirtschaft kommen, weil einfach die Konjunkturprogramme auslaufen. Das gilt für die USA – Barack Obama denkt über ein weiteres Konjunkturpaket nach –, in China ist es auch der Fall. (Zwischenruf des Abg. Hornek.) Das heißt, man muss diese Prognose trotzdem mit einer gewissen Vorsicht betrachten und sollte nicht vollkommen unreflektiert in Jubelchöre ausbrechen. Von einem selbstgetragenen Konjunkturaufschwung kann noch keine Rede sein – also Vorsicht!

Die Zahlen sind jetzt allerdings da. Sie haben immer gesagt, wir müssten bis zum letztmöglichen Zeitpunkt warten, dann können wir das alles einarbeiten. Sie haben jetzt genau vier Wochen Zeit, das Budget noch fristgerecht, nämlich am 22. Oktober, diesem Hause zuzuleiten. Was hindert Sie noch daran? Es gibt Finanzminister in der Geschichte, die das deutlich schneller geschafft haben. Also diese Ausrede brauchen Sie heute nicht mehr zu verwenden. Sie können sich vielleicht eher der Frage zu-


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