Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll77. Sitzung / Seite 151

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Diese Bestimmungen gelten auch im Rahmen der Haushaltsrechtsreform 2009 weiterhin. (Abg. Mag. Kogler: Halten Sie sich an die Verfassung!) Die Verfassung selbst enthält also ausdrücklich Bestimmungen für den Fall, dass von der Bun­des­regierung eine Fristüberschreitung als notwendig erachtet wird. (Abg. Dr. Pirklhuber: Diese Notwendigkeit bestreiten wir!) Hiernach kann die Bundesregierung einen Antrag auch nach der in der Verfassung genannten Frist vorlegen, allerdings liegt es dann am Nationalrat zu bestimmen, ob dieser Regierungsentwurf in Behandlung genommen wird.

Es kann überhaupt kein Zweifel daran bestehen, dass auch ein nach der Frist vor­gelegter Entwurf der Bundesregierung zu einem verfassungskonformen Bundes­finanzgesetz führt, wenn die Abgeordneten diesen Entwurf ihren Beratungen zugrundelegen. Die Entscheidung, ob sie das tun wollen, liegt hier im Hohen Haus und nicht bei uns. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Neubauer – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Das sieht der Verfassungsgerichtshof ein bisschen anders!)

Die verfassungsgesetzliche Terminsetzung für den Budgetentwurf erweist sich somit im Wesentlichen als Ordnungsvorschrift, die dazu dient, das Initiativmonopol der Bundesregierung vom subsidiären Antragsrecht des Nationalrates abzugrenzen. (Abg. Strache: Der Verfassungsgerichtshof sieht das anders!)

Was das Budgetbegleitgesetz betrifft, sieht die Verfassung im Übrigen keinerlei Frist vor. (Abg. Strache: Das sehen der Herr Bundespräsident und der Verfas­sungsgerichtshofpräsident anders!) Da viele grundlegende Entscheidungen für die nächsten Jahre im Budgetbegleitgesetz zu treffen sein werden (Abg. Kickl: Weniger Juristerei, mehr Ökonomie!), besteht selbst bei strengster Sichtweise kein Zweifel daran, dass sich die Bundesregierung auf dem Boden der Verfassung bewegt. (Abg. Dr. Pirklhuber: Ihre Interpretation!)

Ich bin mir natürlich auch dessen bewusst, dass manche Verfassungsjuristen der An­sicht sind, wir würden nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechend handeln, aber – und das ist wichtig – es gibt auch gewichtige andere Stimmen. Professor Hengstschläger bemerkt nämlich zu dieser Frage im Standardwerk des österreichischen Verfassungsrechts, dem Verfassungskommentar von Karl Korinek und Michael Holoubek – ich darf noch einmal zitieren ... (Abg. Neubauer: Der Haus- und Hofjurist ...! – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ein toller Experte! Gratuliere! – Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.)

Frau Abgeordnete Glawischnig, kein Grund zur Unruhe! (Zwischenrufe bei den Grünen.) Ich zitiere Verfassungsrechtler.

Den Äußerungen in der Literatur, dass die Bundesregierung dann, wenn sie dieser Verpflichtung ... (Abg. Ing. Westenthaler: Als Parteiobmann nennen Sie ...?! ... ein Parteisoldat sondergleichen! Das ist unter Ihrem Niveau! – Unruhe in Saal. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Am Wort ist der Herr Vizekanzler! – Bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll (fortsetzend): Herr Abgeordneter Westenthaler, zurück zur Verfassung und zu den Tatsachen! (Abg. Ing. Westenthaler: Nennen Sie das Experten?! Das hat es auf der ganzen Welt noch nicht gegeben! Gehen Sie wieder Geburtstag feiern!)

Den Äußerungen in der Literatur, dass die Bundesregierung dann, wenn sie dieser Verpflichtung nicht zeitgerecht nachkommt, zurücktreten müsse, kann verfassungs­rechtlich nicht gefolgt werden. Die Verfassung selbst legt fest, welche Rechtsfolgen die Säumnis der Bundesregierung nach sich zieht. Weder dort noch an einer anderen


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