Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll77. Sitzung / Seite 195

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Der Wirtschaftsbund geht hinaus und mutet es dem Unternehmer, dem Einkom­mensteuerpflichtigen zu, dass er alles, was im Gesetz an Terminen steht, einhalten muss, aber der Minister hält gar nichts ein. Der kümmert sich nicht um die Bundes­verfassung, denn Wahltermine und wahlstrategische Überlegungen der Parteisekre­tariate sind allemal wichtiger.

Wollen wir in Zukunft die Probe aufs Exempel machen, wenn der Bürger die gleiche Argumentation dem Finanzamt mitteilt, meine Damen und Herren? In wessen Namen wird er dann gestraft? – Im Namen seiner Majestät „Ludwig“ Pröll. Ja, so schaut es nämlich aus, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Und das ist das Unerträgliche und das ist der Grund, warum ich diesen Miss­trauens­antrag mit unterschrieben habe.

Herr Bundesminister, wenn man so Misstrauen beim Bürger sät, darf man sich nicht wundern, dass man Misstrauensanträge erntet. Mit diesem Stil, dass sich die Mäch­tigen aussuchen, ob sie das Gesetz einhalten oder nicht, erzeugt man Frustration beim Wähler, mit diesem Stil erzeugt man Misstrauen. Die Menschen misstrauen Ihnen nämlich. Wenn Sie nicht den Mumm haben, dem Bürger vor Wahlterminen zu sagen, was auf ihn zukommt, dann hat der Bürger ein vernünftiges Misstrauen hinsichtlich dessen, was ihm wahrscheinlich droht, und zwar mit Recht, es dräut ihm Böses. Aber niemand hat den Mut, ihm das vor der Wahl zu sagen. Das ist das Problem, warum die Leute im Hinblick auf Politik immer mehr verdrossen sind, das ist das Problem, warum die Politiker ein immer schlechteres Image bekommen! (Beifall beim BZÖ.)

Insoweit hat der Vergleich des Kollegen Amon schon wieder ins Schwarze getroffen, meine Damen und Herren. Die Abgabenquote war auch unter Ludwig XIV. sensationell hoch. Ludwig XIV. hat den Staatsbankrott – das hat Kollege Walser schon richtig erwähnt – vorbereitet, aber noch nicht herbeigeführt, er hatte ihn vorbereitet. Wir werden demnächst eine Abgabenquote von 45 Prozent haben. Das heißt, der sogenannte Tax Free Day oder der Tag, an dem zum ersten Mal die Steuerbefreiung für den Bürger eintritt, wird irgendwann – derzeit ist es, glaube ich, der 28. Juli – in die zweite Jahreshälfte gehen. Bitte, wo ist er? (Rufe bei der SPÖ: Im Mai!) – Das glaube ich nicht, da können Sie nachrechnen. Der ist irgendwo in der Jahresmitte, meine Damen und Herren, und der wird demnächst über die Jahresmitte drübergehen. Dann können Sie schon den Staatsfeiertag, den 26. Oktober, zum Tax Free Day machen, weil das Neutralitätsgesetz ohnehin keinen Gehalt mehr hat.

Meine Damen und Herren, das kann nicht das Ziel sein! Wenn Sie so Politik weiter­betreiben ... – Herr Kollege Molterer, schütteln Sie nicht den Kopf, Sie sind einer der Hauptverantwortlichen, Sie und Ihre Partei, denn Sie sitzen schon die ganze Zeit im Finanzministerium und sind verantwortlich für die Politik, die hier dem Bürger droht! (Beifall beim BZÖ.)

Sie müssen gemeinsam mit Ihrem Nachfolger verantworten, dass in diesem Land die Abgabenquote demnächst europäisches Holzniveau erreichen wird. Sie müssen verantworten, dass die Menschen in diesem Land die Hälfte des Jahres für den Staat arbeiten müssen – für „Seine Majestät“, haben wir ja gehört.

Das, meine Damen und Herren, hat nichts mehr mit einer bürgerfreundlichen Politik zu tun. Und es ist erst recht nicht bürgerfreundlich, wenn man deswegen die Verfassung bricht, um dem Bürger nicht zu sagen, was demnächst auf ihn zukommen wird, nur weil zwei Wahltermine sind!

Daher ist der Bürger zu Recht sauer. Er misstraut Ihnen, und dieses Misstrauen wollen wir Ihnen heute zum Ausdruck bringen. Wir sind die Stimme des Bürgers, nicht die da drüben und nicht Ihre Koalitionspartner. Wir sagen Ihnen, dass die Bürger draußen


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