Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll77. Sitzung / Seite 298

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Meine Damen und Herren, ich behaupte: Hätte Kollege Petzner nicht die Kühnheit – was heißt Kühnheit –, ja geradezu die „Unverschämtheit“ besessen, gegen einen Staats­anwalt, der unzuständigerweise einen Akt an sich gezogen hat, unzustän­diger­weise im Fernsehen Kommentare abgegeben hat, Disziplinaranzeige erstattet, wäre diese Geschichte, die hier vor sich hingefault hat, nämlich über ein Jahr lang, über­haupt nicht in den Ausschuss gekommen; vielleicht in einem Jahr, vielleicht in ein paar Jahren, vielleicht auch erst kurz vor der Verjährung, wir wissen es nicht. Andere Minister haben ja, wie wir wissen, den Vorteil gehabt, dass man gewartet hat, bis verjährt war. Ich denke da an den berühmten Fall Strasser, wo man ein dickes Konvolut übersehen hat.

All das zeigt: Sie missbrauchen das Immunitätsrecht gegen die Oppositionsfraktionen. Schaffen wir es daher einfach ab, meine Damen und Herren! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Schaffen wir aber einen wirkungsvollen Informantenschutz, so wie ihn Journalisten haben, so wie ihn Redakteure haben, so wie ihn Anwälte haben, so wie ihn Wirt­schaftstreuhänder haben! Schaffen wir das Recht des Bürgers, sich an einen Abge­ordneten wenden zu können, um Missstände aufzuzeigen!

Aber genau das will der Apparat nicht! Da ist der Widerstand hier besonders groß, weil offensichtlich hier am meisten zu befürchten ist. Die ÖVP will das unter keinen Umständen, weil Sie nicht haben wollen, dass Beamte zu einem feindlichen Abgeord­neten gehen und dem erzählen, was sich im eigenen Ministerium an Missständen abspielt. Das können Sie nicht brauchen, das ist ja klar, denn das hieße ja, es würden zu viele Kontrollaufgaben durch das Parlament wahrgenommen. So ein Parlament will man sich wirklich nicht leisten. Ein Parlament, das die Regierung mit Fällen konfrontiert, die auch wahr sind, kann man nicht brauchen, daher will man das nicht. (Ruf bei der ÖVP: Burgtheater!) – Nein, überhaupt nicht „Burgtheater“!

Ich sehe nur nicht ein, weshalb ein Redakteur mehr Schutz haben soll als ein Abge­ordneter, wenn ihm was erzählt wird, meine Damen und Herren. Oder muss sich jeder von uns einen Redakteursausweis holen? (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Aber man hört ohnehin schon den Zwischenruf „Burgtheater“ aus der ÖVP-Ecke, ausgerechnet von Abgeordneten, die selber noch gar nicht im Burgtheater waren, die es nur von außen kennen. (Heiterkeit beim BZÖ.)

Aber, meine Damen und Herren, Ihr Widerstand gegen Aufklärung ist ja Legende, er ist bekannt. Daher geht mein Appell an jenen Teil des Hohen Hauses in der Regierung, der wenigstens ein bisschen etwas von demokratischer Kontrolle hält. Herr Kollege Cap, das sind die zentralen Dinge der demokratischen Kontrolle: Wenn man es dem Bürger verunmöglicht, sich an einen Abgeordneten zu wenden, ohne dass er fürchten muss, dass er demnächst genannt wird oder durch eine Beugehaft genannt werden muss, dann ist das keine wirkliche demokratische Kontrolle.

Ich muss leider immer wieder auf einen Fall, den übrigens Ihr damaliger Zentral­sekretär Marsch durchgefochten hat, zurückgreifen, der nur eine Hilfskrücke ist, wo der Straßburger Gerichtshof gesagt hat, dass der Abgeordnete den Informanten nicht nennen muss. Aber das ist noch lange nicht Rechtsordnung in Österreich, meine Damen und Herren, und es wäre hoch an der Zeit, dass das der Fall wird.

Letzter Punkt: Ich bin auch der Meinung, dass die Form, wie sie im Immunitäts­ausschuss gehandhabt wird – ich habe es schon einmal kurz erwähnt –, die Form, wie hier entschieden wird, eine Willkür darstellt. Das zeichnet diese fünf Fälle geradezu in exemplarischer Weise aus. So, wie hier entschieden wird, ist es einfach willkürlich,


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