Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 68

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Im Regierungsübereinkommen vom 2. Dezember 2008 wurde zur Konsolidierung des Budgets eine Verwaltungsreform versprochen. Eine Arbeitsgruppe bestehend aus dem Bundeskanzler, dem Bundesminister für Finanzen, zwei Landeshauptleuten, dem Prä­sident des Rechnungshofes und Vertretern des Wirtschaftsforschungsinstituts und des Instituts für Höhere Studien wurde eingesetzt. Elf Themenpakete hätten mit Problem­analysen, Lösungsvorschlägen und politischen Umsetzungsbeschlüssen abgearbeitet werden sollen. 22 Monate später schaut die Bilanz traurig aus. Kein einziges Arbeits­paket ist politisch abgearbeitet. Sieht man von den marginalen Anstößen zu den Unter­kapiteln „Supportprozesse“ und „E-Government“ des Arbeitspakets „Effizienz der Ver­waltung“ ab, stehen alle politischen Entscheidungen aus. Im Bereich Bildung etwa lie­gen der Arbeitsgruppe die Lösungsvorschläge der Expertengruppe seit 26. Mai 2009 vor! Im Jahr 2010 fand kein einziges Österreichgespräch mehr statt. Der begleitend eingerichtete Unterausschuss des Verfassungsausschusses zur Verwaltungsreform befasste sich ausschließlich mit dem Thema Bildung, die letzte Sitzung am 10. April 2010 endete ergebnislos. Ein politischer Wille zur Reform fehlt.

In der Problemanalyse der Experten betreffend „Aufgabenreform und Strukturbereini­gung“ wird die Kinderbetreuung als ein Themenbereich genannt, der aufgrund der be­stehenden Kompetenzaufteilung (Bund, Länder und Gemeinden) zu einem uneinheitli­chen Vollzug sowie einer Benachteiligung einzelner BürgerInnen führt. Diese Mehrglei­sigkeiten bewirken, so die Meinung der Experten, Strukturprobleme sowie einen erhöh­ten Verwaltungsaufwand.

Für die Kinderbetreuung sowie den elementaren Bildungsbereich hat die dreigliedrige Kompetenzaufteilung weitreichende Folgen: Ab welchem Alter ein Kind einen Kinder­garten oder eine Krippe besuchen darf, wie viel die Betreuung kostet, wie viele Kinder in einer Gruppe betreut werden, welche Qualifikationen das Personal zu erfüllen hat und wie viel Platz ein Kind zum Spielen hat, wird vom Burgenland bis Vorarlberg anders ge­regelt.

Die ungleiche Behandlung von Kindern in Österreich beruht nicht auf ihren unter­schiedlichen Bedürfnissen bei Bildung und Betreuung, sondern ist allein das Ergebnis der Länderkompetenz und ihrer unterschiedlichen Ausgestaltung.

Wie auch die Grünen – im Antrag 598/A(E) auf Einführung eines bundeseinheitliches Grundsatzgesetzes für Kinderbetreuung bereits gefordert haben – sieht die Experten­gruppe zur Verwaltungsreform Neu eine Notwendigkeit, die landesrechtlichen Regelun­gen zur Kinderbetreuung in eine einheitliche Vorschrift zusammen zu fassen.

Eine Vereinheitlichung ermöglicht nicht nur Chancengerechtigkeit in der frühkindlichen Bildung für alle Kinder sondern es wird dadurch auch ein Einsparungspotenzial er­öffnet. Jene frei werdenden Mittel werden dringend für einen weiteren Ausbau der Kin­derbetreuung benötigt.

Denn nicht nur die Vereinheitlichung der Landesgesetze zur Kinderbetreuung wird der­zeit auf die lange Bank geschoben. Auch der weitere Ausbau von Kinderbetreuungs­plätzen wird den Einsparungen geopfert. Die jährlichen Bundesmittel (von 2008 bis 2010 mit jährlich 20 Mio Euro) für den Ausbau von Kinderbetreuung sowie die Sprach­förderung im Kindergarten werden nun nicht mehr verlängert.

Weitere Bundesmittel wird es bis 2013 lediglich für das verpflichtende kostenlose Kin­dergartenjahr für alle 5-Jährigen geben. Diese Maßnahme ist zu begrüßen, trägt je­doch nicht dazu bei, dass der eklatante Mangel an Betreuungsplätzen behoben wird.

Welche außerordentlich wichtige Rolle Kinderbetreuungseinrichtungen für die Bekämp­fung von Familienarmut einnehmen, wurde auch im Kapitel über „Armut und Armutsbe­drohung“ im ursprünglichen Familienbericht 1999-2009 festgehalten. Dieses Kapitel fand jedoch, veranlasst durch Familienstaatsekretärin Marek, keinen Eingang in den kürzlich veröffentlichten Familienbericht 1999-2009 des Ministeriums (III-157dB).

 


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