Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll81. Sitzung / Seite 56

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Man muss auch Folgendes sehen: Unter den 3 330 000 unselbständig Beschäftigten gibt es 1 Million Menschen, die in atypischen Beschäftigungsverhältnissen sind. Das können Sie in der Gewerkschaftszeitschrift nachlesen, das ist alles dokumentiert dort drinnen. Frau Oberhauser hat sich in der Gewerkschaftszeitschrift auch darüber mokiert, dass das so ist. Das ist immerhin fast ein Drittel der in Österreich unselb­ständig Beschäftigten – oder 12 bis 13 Prozent der Wohnbevölkerung. Das muss Ihnen doch zu denken geben!

Außerdem beträgt die Zahl der Working Poor in Österreich 350 000! Das sind jene Menschen, die trotz Beschäftigung an der Armutsgrenze leben. Da müssten Sie als Gewerkschafter doch einmal dagegen auftreten und sich für einen gesetzlichen Mindestlohn von 1 300 € einsetzen, so wie es heute verlangt wird. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.) Wir verlangen das schon seit Jahren: einen gesetzlichen Mindestlohn von 1 300 € brutto. Das sind zumindest 1 000 € netto oder 7,40 € brutto pro Stunde, bei 40 Wochenstunden.

Bezeichnend ist: Auf der einen Seite wird die Öffnung, die Deregulierung und die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes ständig verlangt. Und da ist es leider so, dass die wenig qualifizierten Arbeitskräfte am meisten davon betroffen sind: Trotz Vollbe­schäftigung leben viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Armutsgrenze. Deswegen ist es auch notwendig, dass wir den Mindestlohn anheben.

Geschätzte Damen und Herren! Je mehr Sie dafür sorgen, dass die Leute ihre Kauf­kraft erhalten können, dass die Binnenkonjunktur angekurbelt wird, je mehr ein Unselb­ständiger oder die Masse verdient, desto mehr hat auch die Wirtschaft in Österreich davon. Denn wenn der Export nicht mehr funktioniert, dann muss man wenigstens die Binnennachfrage stärken. Und da muss ich Ihnen schon eines sagen: Arbeiten Sie als Gewerkschafter endlich einmal darauf hin, dass es nicht weiß ich wie lange Durch­rechnungszeiträume gibt!

Im Handel gibt es jetzt zum Beispiel Gehaltsverhandlungen, da redet man davon, nach 13 Wochen wird das Gehalt für die Mehrarbeitsleistung ausgezahlt, und so weiter. Das Gehalt für die Mehrarbeitsleistungen ist sofort auszubezahlen! Dann hat der Arbeit­nehmer sofort etwas in der Tasche, dieses Geld gibt er wieder aus, und die Wirtschaft floriert. (Beifall beim BZÖ.)

Das sind die Dinge, die man als Arbeitnehmervertreter unbedingt ansprechen sollte, geschätzte Damen und Herren!

Wenn sich die Sozialpartner schon so loben und jeder hier herinnen sagt, na selbst­verständlich, die Lohnverhandlungen sind Sache der Sozialpartner, dann muss ich schon darauf hinweisen, dass die Sozialpartner nur 95 Prozent der Beschäftigungs­verhältnisse in Kollektivverträgen geregelt haben und es für 5 Prozent keinen Kollektiv­vertrag gibt. Das sind aber oft jene Sparten, wo die Unternehmen gar nicht einmal so wenig verdienen. Man kann doch diese Leute nicht ausschließen. Entweder macht man einen Generalkollektivvertrag, wie es die Kollegin Schatz erwähnt hat, oder man regelt das gesetzlich. Aber man muss alle unselbständig Erwerbstätigen mit einbinden. Das ist wichtig, und deshalb ist es auch notwendig, einen gesetzlichen Mindestlohn einzuführen, um der voranschreitenden Verarmung in Österreich entgegenzuwirken.

Es ist schon traurig, Frau Kollegin Csörgits, dass Sie als Gewerkschafterin hier kein Wort zu einem gesetzlichen Mindestlohn verlieren, denn normalerweise müsste ja die Gewerkschaft gleich auf diesen Zug aufspringen und an dessen Umsetzung mitarbeiten. Und die Wirtschaft ebenfalls, denn wenn die Leute mehr Geld im Sack haben, geben sie auch mehr aus. Und das ist auch wichtig für die österreichische Wirtschaft und damit der Konjunkturmotor in Österreich wieder anspringt.

 


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