Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll81. Sitzung / Seite 138

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Wir sind die Pflichtverteidiger von Recht und Gerechtigkeit. Wir sind die Pflicht­verteidiger des Prinzips der Rechtsstaatlichkeit, das Sie mit Füßen treten (Zwischen­ruf des Abg. Großruck), denn jeder Staatsbürger dieses Landes – egal, welcher sozialen Herkunft, egal, welchen Status er hat – hat das Recht auf ein faires, unabhängiges und objektives Verfahren, auf ein faires und gerechtes Urteil, und dieses Recht ist durch Sie nicht mehr gewährleistet. Jeder Staatsbürger hat – in einem Satz gesagt – das Recht auf Gerechtigkeit, und Sie als Ministerin tragen die politische Verantwortung dafür, dass dieses Recht auf Gerechtigkeit mit Füßen getreten wird.

Ich möchte Ihnen ein Zitat zum Nachdenken mitgeben, ein Zitat von Cicero, der gesagt hat: „Wir sind an das Gesetz gefesselt, um frei zu sein.“

Und ich sage Ihnen gegenüber: Wir sind unfrei geworden, weil Sie dem Gesetz elektronische Fußfesseln angelegt haben. – Das ist die Wahrheit, Frau Bundes­minister, und dafür müssen Sie auch zur Verantwortung gezogen werden! (Beifall beim BZÖ.)

Ich bringe Ihnen ein weiteres Zitat, eines von Bert Brecht, der gesagt hat: „Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht.“

Daher leisten wir heute Widerstand hier in diesem Hohen Haus, denn es ist ein Un­recht zum Beispiel, wenn es im BAWAG-Verfahren neun Verurteilte gibt (Abg. Großruck: Die Mehrheit der Österreicher ...!), aber ein einziger in Haft ist, und das ohne rechtskräftiges Urteil, und eine überlange Untersuchungshaft von über dreiein­halb Jahren, mittlerweile, über sich ergehen lassen muss. Das ist ein Unrecht!

Ich darf an dieser Stelle Ruth Elsner, die heute gekommen ist und auf der Galerie sitzt, herzlich begrüßen.

Noch einmal: Wir sind nicht hier, um Schuld oder Unschuld zu beurteilen, aber ich darf ihr persönlich meinen Respekt dafür ausdrücken, wie sehr sie als Ehefrau für ihren Mann kämpft. (Beifall beim BZÖ.)

Es ist ein Unrecht, meine Damen und Herren, wenn von einem Staatsanwalt eine zentimeterdicke Anzeige schlichtweg übersehen wird, weil der Betroffene ein ehe­maliger Minister der ÖVP ist.

Es ist ein Unrecht, wenn auf Weisung der Staatsanwaltschaft St. Pölten Ermittlungen wegen Untreue und Bilanzfälschung gestoppt werden, weil die betroffene Bank eine ÖVP-Bank, die Bank des niederösterreichischen Landeshauptmannes Erwin Pröll ist. (Abg. Kößl: ... Unterstellung!)

Es ist Unrecht, meine Damen und Herren, wenn Ermittlungen bewusst verzögert und verschleppt werden, weil der Betroffene Karl-Heinz Grasser heißt und ein Ex-Minister der Österreichischen Volkspartei ist.

Es ist ein Unrecht, wenn in der Verfassung verankerte Grundrechte wie das Redak­tions­geheimnis oder die Pressefreiheit von Ihnen mit Füßen getreten werden, weil Sie unliebsame Berichterstattung verhindern wollen. (Beifall beim BZÖ.)

Und es ist ein Unrecht, wenn Sie im Rahmen Ihrer Funktion einem verstorbenen Lan­deshauptmann kriminelle Machenschaften unterstellen, weil er die falsche Parteizugehörigkeit hat. Das ist ein Unrecht, und das bleibt ein Unrecht! (Beifall beim BZÖ.)

Sie haben die Verantwortung, für Unabhängigkeit – für Parteiunabhängigkeit – im Justizressort zu sorgen, aber Sie machen genau das Gegenteil. In einem Sinnbild


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