Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll81. Sitzung / Seite 169

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Sie haben in dieser Situation bei einem Skandal, der mittlerweile ein Jahr andauert, eine Rolle gespielt, die Ihrer Funktion als Ministerin nicht gerecht wird. Wenn ich von ÖVP-Seite heute gehört habe, es habe sich in dieser Testamentsaffäre um individuelle Fehler gehandelt – individuelle Fehler! –, also individuelles Fehlverhalten, so muss ich sagen, es handelt sich um kriminelles Verhalten von Mitgliedern, ohne das jetzt vor­verurteilen zu wollen, des Justizapparats.

Wir müssen uns vorstellen, dass die Vizepräsidentin des Landesgerichts betroffen ist, dass der Vorsteher des Bezirksgerichts Bludenz inzwischen suspendiert ist, dass Richter am Bezirksgericht Feldkirch betroffen sind, Staatsanwälte betroffen sind, Rechts­anwälte – diese gehören auch irgendwie zum Rechtsapparat dazu – betroffen sind. Da dürfen wir uns natürlich nicht wundern, wenn das Vertrauen in diese Justiz nicht mehr vorhanden ist und die Menschen das Gefühl haben, dass es sich hier um ein regelrechtes Netzwerk handelt, das sie im entscheidenden Fall um ihr Hab und Gut und um ihre Rechte bringt. (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.)

Und was haben Sie, Frau Ministerin, in dieser Situation getan? Was tun Sie jetzt? – Denken wir zurück an den letzten Justizausschuss: Sie schieben die Schuld nicht nur im Justizausschuss, sondern dann auch noch gegenüber der Presse in Vorarlberg, Sie schieben den Ball den höheren Beamten oder den höchsten Richtern zu. Sie sagen: Dr. Pilgermair wird in die Pflicht genommen in dieser Situation. – Ja, so einfach können Sie sich das nicht machen! Sie haben hier seit einem Jahr die Verantwortung.

Sie haben hier seit einem Jahr eigentlich überhaupt nichts getan. Sie haben beispiels­weise nach wie vor nicht geklärt, warum Sie diesen Fall nicht sofort an die Korrup­tionsstaatsanwaltschaft übergeben haben. Sie haben in mehreren Anfragen, Sie haben im Justizausschuss immer wieder dasselbe gesagt: Sie können das nicht tun. – Natür­lich, die Generalprokuratur kann das machen! Wir wissen das, und Sie formulieren über diese Angelegenheit einfach hinweg. Sie nehmen Ihre Verantwortung in diesem Zusammenhang nicht wahr.

Sie nehmen Ihre Verantwortung auch nicht wahr, was die Geschädigten in dieser Angelegenheit betrifft. Es gibt sehr vernünftige Vorschläge, und – man höre und staune! – es sind die Rechtsanwälte der mutmaßlichen Täter, die diese Vorschläge machen, etwa auf Einrichtung eines Fonds für die Geschädigten. Es gibt ja die Zusage, dass sie hier mitwirken, damit die Geschädigten rechtzeitig beziehungsweise früher zu ihrem Recht, zu ihrem Besitz kommen.

Es gibt die Petition des Rechtsanwaltes Mennel, der mir sagt, er bekommt nicht einmal eine richtige Antwort von Ihnen. Ich habe Ihnen in den letzten Tagen auch Briefe von Personen aus Vorarlberg übermittelt, die nicht einmal mehr das Vertrauen haben, dass ihre Beschwerden auch bei Ihnen landen.

Also, hier herrscht wirklich eine Situation, in der viele, viele Menschen das Vertrauen in die Justiz verloren haben und in der Sie seit einem Jahr schlicht untergetaucht sind. Gesehen hat man Sie bei der Eröffnung der Bregenzer Festspiele, ansonsten war in dieser Angelegenheit sehr wenig von Ihnen zu hören. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Was wäre zu tun? – Die Sonderrevision des Oberlandesgerichts Innsbruck hat ihre Arbeit vollbracht. Das ist aber, bitte, nicht genug! Es pfeifen die Spatzen von den Dächern, dass hier intensivere Untersuchungen angestellt werden müssen. Es ist vollkommen klar, dass hier eine breit angelegte Untersuchung aller Testamente zu erfolgen hat, dass hier auch Historiker mit in das Geschehen einzubeziehen sind, damit wir auch wirklich in der Lage sind, alle Zweifel auszuschließen, dass es nicht noch weitere Leichen in diesem Justizkeller gibt.

 


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